Niemand kann das wissen, wirklich kein Mensch: Gott geht es so. Oder so. Oder noch ganz anders. Das Befinden des Höchsten kann, ja, vielleicht muss irdischen Resonanzraum bekommen. In jeder, in jedem von uns. Ihm kann es nicht gut gehen, wieso sonst hätte er zugelassen, dass … Putin … Er hat es aber nicht getan - das waren Menschen, einer wie der russische Präsident und die Seinigen eben, die wen auch immer an ihren Seiten wissen könnten, aber jedenfalls nicht ihn, den wir Gott nennen. Es ist böse, untilgbar böse, unaussprechlich jenseits all dessen, was an Gemeinheit und Niedertracht denkbar sein kann, einen Krieg anzufangen. Krieg - das liest sich wie ein Wort, und es ist auch nur eines. Was mit Krieg gemeint ist, ist, abgesehen von Medienkonsumenten in Russland selbst, rund um die Uhr in Fernsehberichten zu sehen und zu hören. Und das ist für jeden einzelnen Ukrainer, für jede einzelne Ukrainerin nichts als die persönliche Apokalypse, das Böse, ja, das Antichristliche. Es liegt an uns, dieses Übel aus der Welt zu räumen. Christlich gesprochen: Frieden um jeden Preis ist kein Ziel, sondern das, was Wladimir Putin will - einen vergifteten Frieden nach Zerstörung der Ukraine. Es hat in unserer christlich gewirkten Geschichte, eben die seit gut 2000 Jahren, viele Kriege gegeben, die zwar von einzelnen Christen kritisiert, aber doch von den meisten gutgeheißen wurden, mindestens innerlich ein bisschen mitgetragen wurden, so lupenrein pazifistisch waren die Kirchen fast nie. Dieser Krieg gegen die Ukraine braucht einen Frieden, der das Eingeständnis des Gottlosen, also Putins, nicht mehr gewinnen zu können, zur Voraussetzung hat Die Ukraine ist unseren Herzen - so geht es ihm, so geht es Gott. Es gibt keinen Weg, den zu bewandern dazu führt, dass wir unsere Hände sauber nach Hause tragen. Er wüsste das, gäbe es ihn in menschlichem Maß. Wer einen Krieg anzettelt muss wissen, dass in dieser Welt kein ruhiger Schlaf mehr möglich ist. Lieben wir das jesuanische Erbe, wertschätzen wir den Kampf gegen den Krieg - auch mit Waffen, mit was denn sonst?
Jan Feddersen, Jahrgang 1957, ist Redakteur der taz. Bei Claudius erschien 2020 von ihm Phrase unser. Die blutleere Sprache der Kirche (zusammen mit Philipp Gessler).