ist die Bezeichnung für eine Ausprägung des evangelischen Glaubens nach Luthers Tod, der es um den Aufbau eines unumstößlichen, rational-objektiven Lehrgebäudes als Abwehr der katholischen Gegenreformation ging. Dieser Glaubensform wurde später oft der Vorwurf eines engstirnigen, erstarrten und autoritären Dogmatismus gemacht, der dem Geist Luthers völlig entgegenstehe. Um beispielsweise Luthers Lehre von der unhintergehbaren Vorrangstellung der Bibel gegenüber der Autorität der kirchlichen Tradition aufrechtzuerhalten, entwickelt die altprotestantische Orthodoxie in ihrem Zentrum die Lehre von der Verbalinspiration, wonach jedes Wort der Bibel göttlich inspiriert und den biblischen Autoren direkt von Gott diktiert worden sei. Deshalb könne die Bibel als widerspruchsfrei und vollkommen angesehen werden. Luther hatte demgegenüber auch von dunklen Stellen in der Bibel gesprochen und von der Mitte der Schrift als Auslegungskriterium. Das Lehrgebäude der altprotestantische Orthodoxie, allem voran die Vorstellung einer Verbalinspiration, wurde spätestens mit dem Einsetzen der Aufklärung und den Erkenntnissen der historisch-kritischen Forschung fraglich, weshalb es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern beider Lager kam, als deren Höhepunkt der sog. Fragmentenstreit angesehen werden kann.