Lexikon

Tauschring

(auch Tauschkreis, Tauschsystem) bezeichnet den Zusammenschluss von Menschen, z. T. auch von Unternehmen, mit dem Ziel, Waren oder Dienstleistungen ohne den Einsatz von Geld unter den Mitgliedern gerecht auszutauschen. Solche alternativen Wirtschaftskreisläufe verwenden eigene Verrechnungseinheiten, um Angebot und Nachfrage in eine Balance zu bringen, und stellen Tauschregeln auf. Neben Zeittauschringen, die sich an der aufgewendeten Lebenszeit orientieren, gibt es auch Systeme, die auf der Gleichwertigkeit von Verrechnungseinheiten und gesetzlicher Währung basieren (z. B. LETS). Die meisten Tauschringe verfolgen auch politische Ziele, wie z. B. die Stärkung regionalen Wirtschaftens oder das Erproben von Alternativen zu einem als ungerecht empfundenen Geld- und Arbeitsmarkt.

Tefillin

Tefillin (hebr. tefila: Gebet) sind jüdische Gebetsriemen. Sie bestehen aus zwei Kapseln, die Abschnitte der Tora enthalten und mithilfe der Riemen beim Morgengebet getragen werden. Sie sind ein Zeichen des Bundes mit Gott.

Tempel

Der Tempel in Jerusalem bildete über ein Jahrtausend das Zentrum jüdischen Lebens und Glaubens: Er war der Lebensmittelpunkt des Volkes, diente der Versammlung zum Gottesdienst und wurde für die täglichen Opfergaben genutzt. Er galt als sichtbares Zeichen für Gottes Gegenwart, da dieser nach jüdischer Vorstellung im Allerheiligsten wohnt. Der erste Tempel wurde von König Salomo vermutlich im Jahr 961 v. Chr. erbaut, 587 v. Chr. von den Babyloniern zerstört, ab 520 v. Chr. als zweiter Tempel wieder aufgebaut, bis ihn 70 n. Chr. die Römer endgültig zerstörten. Nur ein Teil der westlichen Stützmauer steht heute noch und ist unter dem Namen »Klagemauer« bekannt. Sie gilt heute als der heiligste Ort des Judentums. Die Weitergabe der Tora und die Möglichkeit, Gottesdienste zu feiern, wurden nach der Zerstörung des zweiten Tempels ganz auf die Synagogen übertragen. Jesus hat sich, wie vor ihm manche Propheten, sehr kritisch mit dem Tempelkult auseinandergesetzt und mit seiner »Tempelreinigung« (Mk 11,15–18) die Priesterschaft provoziert.

Tempelschatz

Er enthielt die heiligen Gerätschaften, die zum Teil aus Gold und Silber waren, die Tempelsteuer, die jeder über 20-jährige Jude jährlich entrichtete, und wertvolle Geschenke. Der Tempelschatz wurde im Laufe der Geschichte immer wieder geplündert.

Tetraplegie

(von griech. tetra: vier; plege Schlag, Lähmung) bezeichnet die Lähmung von Armen und Beinen, also der vier Gliedmaßen, als Folge einer Halswirbelverletzung.

Teufel

(gr. diabolos: Durcheinanderwerfer, Verleumder): Viele Religionen kennen einen Glauben an eine böse Macht und versuchen so, das Böse in der Welt zu erklären. Manchmal wird diese böse Macht als Gegenspieler im Streit mit einer guten Macht vorgestellt (Dualismus, von lat. duo: zwei), manchmal der guten Macht untergeordnet, manchmal als von der guten Macht bereits besiegt gesehen. In der Religionsgeschichte wurden ihr viele Namen gegeben, die dann auch Unterschiedliches bedeuten können: Satan (hebr.: Widersacher), Beelzebub (hebr. baal zebub: Fliegengott, Name einer aus israelitischer Sicht feindlichen kanaanäischen Gottheit), Lucifer (lat.: Lichtträger, nach dem Mythos ein gefallener Engel, Jes 14,12). Im Alten Testament ist Gott die Ursache für gutes wie böses Geschehen. Sehr selten und in sehr spät entstandenen Schriften ist dort auch von Satan die Rede. Wahrscheinlich ist die Vorstellung einer bösen Gegenmacht aus benachbarten Religionen eingeflossen. Im Hiobbuch oder in Sach 3,1 gehört Satan zum Hofstaat Gottes und tritt dort als Ankläger auf. Nur in 1. Chr 21 ist Satan ein von Gott gelöster böser Dämon. Im Neuen Testament wird immer wieder mit dem Teufel gerechnet. Er ist dort der böse Herrscher der von Gott abgefallenen Welt, wurde aber von Christus besiegt (Mt 4). In der Kirchengeschichte dagegen gab es immer wieder Epochen großer Teufelsangst, die dann oft zu schrecklichen Auswüchsen führte (Inquisition, Hexenverfolgung). In der heutigen evangelischen Theologie gibt es kein großes Interesse an der Figur des Teufels. Manchmal wird seine Bedeutung als Symbol für das Böse in der Welt gesehen, das um der Opfer willen nicht schön oder klein geredet werden darf. Vor allem aber wird betont, dass Christen an Christus glauben und sie darum der Teufel nicht schert.

Theodizee

(Kunstwort aus griech. theos: Gott und dikaios: gerecht, Rechtfertigung Gottes) versucht eine gedankliche Auflösung des Widerspruchs zwischen dem Glauben an den einen allmächtigen und gütigen Gott auf der einen Seite und dem erfahrenen Leiden und Bösen in der Welt auf der anderen Seite. Die klassische Formulierung des Widerspruchs lautet: Angesichts des Leidens in der Welt kann ein gütiger Gott nicht allmächtig oder ein allmächtiger Gott nicht gütig sein. In der Neuzeit versuchte der Philosoph Leibniz eine Lösung, indem er diese Welt als die beste aller möglichen Welten voraussetzte. Diesem Versuch widersprach Immanuel Kant auch unter dem Eindruck des katastrophalen Erdbebens von Lissabon 1755, bei dem bis zu 100.000 Menschen umkamen: Die Rechtfertigung Gottes ist »die Sache unserer anmaßenden, hierbei aber ihre Schranken verkennenden Vernunft«. Die gegenwärtige Theologie folgt eher Kant und verweist darauf, dass es nicht im Vermögen des Menschen liegen kann, Gott zu rechtfertigen. Der Glaube an Gott wird die Frage gar nicht beantworten wollen, sondern hütet sich vor zwei Versuchungen: Dem Leid einen vorschnellen Sinn geben zu wollen (und es darin nicht wirklich ernst zu nehmen) oder die Frage nach einem Sinn ganz aufzugeben (und darin zu verzweifeln oder zynisch zu werden).

Theokratie

Ein auf der Theokratie (griech. theos: Gott, krateia: Herrschaft) basierender Staat wird auch als Gottesstaat bezeichnet. Die Theokratie ist eine Herrschaftsform, bei der die Staatsgewalt religiös legitimiert wird bzw. von Personen ausgeübt wird, welche die Gottheit selbst zu vertreten meinen.

Theologie

(griech. theos: Gott, logos: Rede) bezeichnet das methodisch reflektierte Nachdenken über den Glauben, aufgefächert in verschiedene Fachgebiete: Biblische Theologie beschäftigt sich mit den Texten des Alten und Neuen Testaments und seiner Umwelt; Kirchengeschichte erforscht die Geschichte der Kirche von den Anfängen bis in die Gegenwart; systematische Theologie (Dogmatik und Ethik) reflektiert die Grundlagen des Glaubens und kommuniziert sie im Kontext eines gegenwärtigen Wirklichkeitsverständnisses. Praktische Theologie reflektiert die Handlungsfelder der Kirche (z. B. Religionsunterricht, Predigt, Seelsorge …); Religionswissenschaft beschäftigt sich mit Religion im Allgemeinen und mit nichtchristlichen Religionen. Wer Pfarrer/in oder Religionslehrer/in werden will, muss Theologie studieren.

Theravada

(sanskr.: der Weg der alten Lehre): eine der drei großen Richtungen des Buddhismus. Der Begriff Theravada ist erst in der Auseinandersetzung mit dem Mahayana bedeutsam geworden, als die Anhänger der liberaleren Auffassung des Buddhismus sich von den konservativeren Theravadins trennten. Der Begriff Hinayana (kleines Fahrzeug), der auch gelegentlich für diese Richtung verwendet wird, ist eher abwertend gemeint und deutet an, dass die Theravadins nur im klösterlichen Leben den Weg zur Befreiung erkennen. 

Tillich, Paul

Tillich, Paul (*1886 in Starzeddel, heute Polen, †1965 in Chicago), war protestantischer Theologe und Religionsphilosoph. Als Vertreter des religiösen Sozialismus musste er 1933 aus Deutschland emigrieren. Er lehrte in New York, Harvard und schließlich Chicago. Berühmt wurde sein weites Verständnis von Religion als dem, »was uns unbedingt angeht«. Sein Denken war von dem Bestreben geprägt, die christliche Religion und ihren Schatz an Symbolen unter den Bedingungen der Moderne wieder neu zu erschließen. Religion und Kultur bezog er produktiv aufeinander.

Tischendorf, Konstantin von

(*18. Januar 1815 in Lengenfeld (Vogtland), † 7. Dezember 1874 in Leipzig), evangelischer Theologe. Er entdeckte auf Reisen in Europa und im Orient viele alte Handschriften des Neuen Testaments, darunter im Katharinenkloster auf dem Sinai den »Codex Sinaiticus«, den er 1862 herausgab.

Tödt, Heinz Eduard

(*1918, †1991): deutscher Theologe. Im Zentrum von Tödts Denken steht die ethische Verantwortung des christlichen Glaubens. Bekanntheit erlangte v. a. seine »Theorie sittlicher Urteilsfindung«.

Tora

Tora bedeutet wörtlich Lehre, Wegweisung, Lebensorientierung. Der Begriff benennt im Judentum zunächst die fünf Bücher Mose, die schriftliche Tora. Darüber hinaus beschreibt er die nach biblischer Tradition von Gott am Berg Sinai geoffenbarte Gesetzesüberlieferung, die neben der »schriftlichen« auch die »mündliche« Tora (Mischna) umfasst. Schließlich steht der Begriff auch für die gesamte religionsgesetzliche Tradition. Juden betrachten das Gesetz der Tora nicht als Zwang, sondern als Lebenshilfe, als Geschenk Gottes, der sein Volk aus Ägypten befreit hat und der die Freiheit aller Menschen will.

Tora-Schild

Tora-Schild: Zwischen den jüdischen Gottesdiensten wird die Tora-Rolle im Toraschrein verwahrt. Dabei ist sie in Stoff eingewickelt (sog. Mantel), verschnürt (mit dem sog. Wimpel) und mit einer oder mehreren Kronen geschmückt. Außen wird der sog. Schild, eine meist silberne Platte, angebracht. Er trägt neben Symbolen (z. B. Säulen für den Tempel, Löwen für den Stamm Juda, Gesetzestafeln für die Zehn Gebote) auch ein auswechselbares Täfelchen mit dem jeweiligen Feiertag.

totalitäres System

totalitäres System nennt man eine diktatorische Herrschaftsform, die den einzelnen Menschen uneingeschränkt zu beherrschen und ihn in seiner Gesamtheit zu vereinnahmen versucht. Sie gründet sich auf eine bestimmte  Ideologie, der sich alle Mitglieder der Gesellschaft zu unterwerfen haben. Oppositionelle Kräfte werden systematisch ausgeschaltet. Ziel totalitärer Herrscher ist die uneingeschränkte Kontrolle aller gesellschaftlichen Bereiche einschließlich der Massenkommunikationsmittel.

Totalitarismus

nennt man eine diktatorische Herrschaftsform, die den Einzelnen uneingeschränkt zu beherrschen und ihn in seiner Gesamtheit zu vereinnahmen versucht. Sie gründet sich auf eine bestimmte Ideologie, der sich alle Mitglieder der Gesellschaft zu unterwerfen haben. Oppositionelle Kräfte werden systematisch ausgeschaltet. Ziel totalitärer Herrscher ist die uneingeschränkte Kontrolle aller gesellschaftlichen Bereiche einschließlich der Massenkommunikationsmittel.

Totengericht

meint die religiöse Vorstellung, dass jeder Mensch vor ein göttliches Gericht gestellt wird, das beurteilt, ob er ein gutes Leben geführt hat. Nach Ansicht vieler Religionen fällt das Totengericht über die einzelne Person mit dem Letzten Gericht am Ende der Welt zusammen.

Tragik

Nach Aristoteles  ist ein Schicksal bzw. ein Ereignis »tragisch«, das Furcht, Erschütterung, Entsetzen und zugleich Mitgefühl hervorruft. Ein Geschehen wird dann als »tragisch« (und nicht etwa z. B. als traurig, unglücklich o. ä.) bezeichnet, wenn es ausweglos ist, wenn die betroffene Person bewusst leidet und wenn sie unvermeidbar, unverdient in Schuld gerät. Schon in der vorsokratischen griechischen Philosophie wird die Tragik der Existenz im puren Dasein des Menschen begründet, durch das er andere verdrängt.

transzendent

(lat.) jenseitig, die sinnlichen Erfahrungen sowie die Grenzen menschlicher Vernunft und menschlichen Bewusstseins übersteigend.

Transzendenz

Transzendenz (lat. transcendere: überschreiten) bezeichnet einen jenseitigen Bereich, der die sinnlichen Erfahrungen sowie die Grenzen menschlicher Vernunft und menschlichen Bewusstseins übersteigt.

Trauergruppe

Trauergruppe: Eine Gruppe von Personen, die, mit oder ohne professionelle Leitung, sich in regelmäßigen Treffen gegenseitig in der Situation des Trauerns beistehen wollen; in der Regel geht es um den Verlust eines geliebten Menschen. Mittlerweile gibt es in vielen größeren Orten Trauergruppen differenziert nach Alter (Kinder, Jugendliche, Erwachsene), Stellung zum bzw. zur Verstorbenen (z. B. trauernde Geschwister, trauernde Eltern) oder auch nach dem Auslöser des Todesfalls (z. B. Unfall, bestimmte unheilbare Krankheit).

Trinitatiskreis

Am Sonntag nach Pfingsten, dem Trinitatisfest (Fest der Dreieinigkeit oder Dreifaltigkeit) ist das Gottesbild des Christentums Thema: Gott ist einer und zugleich drei Personen: Vater, Sohn und Heiliger Geist. Mit dem Trinitatisfest beginnt der Trinitatiskreis. Die Sonntage nach Trinitatis (maximal 26) überspannen die Zeit des Sommers bis zum Ende des Kirchenjahres im Herbst.

Triptychon

Triptychon: Als Triptychon werden dreiteilige Bilder bezeichnet. Altar- und auch Andachtsbilder wurden seit dem Mittelalter oft als aufklappbare Triptychen gestaltet.

Trisomie 21

ist die eher fachmedizinische Bezeichnung für das »Down-Syndrom«. Der Begriff bezieht sich auf die genetische Besonderheit, dass das Chromosom 21 bei Menschen mit Down-Syndrom dreifach vorhanden ist statt nur doppelt. Das Down-Syndrom hat eine körperliche und geistige Entwicklungsverzögerung zur Folge, die unterschiedlich aus­fallen kann. Medizinischer Fortschritt und verbesserte Fördermöglichkeiten haben dazu geführt, dass Menschen mit Trisomie 21 heute in der Regel eine höhere Lebenserwartung haben als früher und auch ihre geistigen Fähigkeiten besser entwickeln können. Die veraltete Bezeichnung Mongoloismus (als Schimpfwort »Mongo«) wird aufgrund ihres abwertenden Gebrauchs und des ihr innewohnenden Rassismus heute abgelehnt.

Troll

Troll bedeutet im Zusammenhang des Internets eine meist anonym handelnde Person, die digitale Kommunikation zwischen anderen bewusst stört, indem sie z. B. versucht, wütende oder beleidigende Kommentare zu provozieren. Dabei geht sie so vor, dass sie selbst nicht formal bzw. offensichtlich gegen geltende Regeln verstößt, um nicht z. B. aus Foren ausgeschlossen zu werden. Trollbeiträge stammen nicht allein von Privatleuten, sondern gehen z. T. auch auf staatliche Organisationen zurück, die mit Trollen Propaganda für bestimmte Ziele betreiben wollen.

Tschetschenienkonflikt

In diesem Krieg, bei dem es um die Unabhängigkeit der Kaukasusrepublik Tschetschenien von Russland geht, sind seit 1994 Zehntausende von Zivilisten, Soldaten und Rebellen getötet worden. Terroranschlägen von tschetschenischer Seite steht das Vorgehen der russischen Regierung, deren Menschenrechtsverletzungen in der ganzen Welt angeprangert werden, gegenüber. Seit 2009 wurden die Kämpfe offiziell für beendet erklärt; in Tschetschenien regiert eine moskautreue Führung.

Tunneleffekt

bezeichnet ein Phänomen der Quantenwelt, das dem Energieerhaltungssatz der klassischen Physik fundamental widerspricht und deutlich macht, dass die aus ihm folgenden Verbote nicht immer gültig sind: Auch wenn die Energie eines Quantenobjekts nicht ausreicht, um damit eine bestimmte Barriere überwinden zu können, kann dieses Objekt aufgrund der Nichtlokalität von Quanten mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auch jenseits dieser Barriere gefunden werden (so als ob es diese »getunnelt« hätte). Auf dem Tunneleffekt beruhen z. B. viele der radioaktiven Zerfälle von Atomen.