Lexikon

Heraklit

(ca. 520–460 v. Chr.) war ein vorsokratischer Philosoph aus Ephesus. Er sah hinter allen Dingen, die sich in spannungsvollen Gegensätzen realisieren und sich stets in Veränderung und im Fluss befinden (griech: panta rhei), ein einheitliches vernünftiges Weltprinzip (Logos) wirksam.

Hermeneutik

(griech. hermeneuein: auslegen, abgeleitet vom Gott Hermes): Die Kunst und Methodik der Auslegung und des Verstehens, zunächst auf die Bibel bezogen, später allgemein auf Texte. Bedeutende Impulse für die Theorie der Hermeneutik gaben in den letzten beiden Jahrhunderten F. Schleiermacher, G. W. Dilthey (der den hermeneutischen Zugang als typischen Zugang der Geisteswissenschaften im Unterschied zu den  Naturwissenschaften beschrieb), H. G. Gadamer und J. Habermas (für den Verstehen immer auch einen kritischen Zugang beinhaltet). Der hermeneutische Zirkel beschreibt die Wechselwirkung zwischen (immer schon vorhandenem) Vorverständnis der/des Lesenden und der Auslegung eines Textes, der dieses Vorverständnis korrigiert.

Hermes

Griechischer Gott, Bote des Zeus und Geleiter ins Totenreich; er gilt u. a. als Gott der Kaufleute und Reisenden, der Hirten, Wissenschaftler, Magier, Diebe, der Redekunst, des Dolmetschens und der Träume.  

Herodes »der Große«

ca. 73 v. Chr. geboren, von 40–4 v.Chr. von den Römern eingesetzter jüdischer König von Judäa, Vater des Herodes Antipas. Er ist der König, der in der Geschichte von den »drei Weisen aus dem Morgenland« (den sogenannten »Heiligen Drei Königen«) erwähnt wird (Mt 2).

Herodes Antipas

Sohn Herodes’ »des Großen«, war im Auftrag der Römer Herrscher der Provinzen Galiläa und Peräa. Er machte Sepphoris zu seiner Hauptstadt und gründete Tiberias am See Genezareth. Zunächst war er mit einer nabatäischen Prinzessin verheiratet. Er verstieß diese, um Herodias zu heiraten, die Frau seines Halbbruders (und zugleich Antipas’ Nichte). Damit handelte er gegen jüdische Gesetze, was Johannes der Täufer scharf anprangerte.

Herr (als Hoheitstitel Jesu)

In jüdischer Tradition tritt dieser Titel häufig an die Stelle des unaussprechlichen Gottesnamens Jahwe. Im griechisch-römischen Kulturkreis gilt »Herr« (kyrios) als Herrschertitel. Von allen Namen und Titeln, die man Jesus gegeben hat, drückt dieser also am stärksten aus, dass Jesus als Gott verehrt wird. »Herr« ist Jesus Christus allerdings in dem Sinne, dass er auf seine Macht verzichtet und sich nach »ganz unten« begeben hat (Phil 2).

Herrnhuter

Als Herrnhuter Brüdergemeine oder Brüder-Unität bezeichnet sich eine ökumenisch ausgerichtete evangelische Freikirche, die ihren Ursprung in der böhmischen Reformation des 15. Jahrhunderts hat und von Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf Anfang des 18. Jahrhunderts in Herrnhut (Sachsen) neu gegründet wurde. Sie ist der EKD angegliedert, zugleich Gastmitglied in der Vereinigung evangelischer Freikirchen (VEF) und beteiligt sich am Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK). Bekannt ist die Brüder-Unität neben der regen Missionstätigkeit in Afrika, Asien und Mittel- und Südamerika für die Herrnhuter Sterne und die Herausgabe der Losungen, einem Andachtsbuch, das für jeden Tag zwei Bibeltexte und einen Liedvers bzw. ein Gebet enthält.

Hesiod

griechischer Dichter, vermutlich im 8. Jh. v. Chr.

Heteronomie

(griech. heteros: der andere, und nomos: Gesetz, Regel): Fremdbestimmung.

Heuschreckenkapitalismus

Der Begriff wurde vom deutschen Politiker Franz Müntefering (*1940) als politisches Schlagwort geprägt und meint die besonders von internationalen Finanzinvestoren betriebene, oft den Verlust von Arbeitsplätzen mit sich bringende Strategie, in Unternehmen zu investieren, sie rasch (z. B. durch Verlagerung der Produktion in Niedriglohnländer) profitabel zu machen und dadurch möglichst hohe Gewinne für den Investor zu erzielen.

Hidschra

Bezeichnung für die Auswanderung des Propheten Muhammad von Mekka nach Medina im Jahr 622. Von Medina aus verbreitete Muhammad den Islam. Das war vielen Muslimen so wichtig, dass sie mit diesem Jahr ihre eigene Zeitrechnung begannen. Nach ihr richtet sich der islamische Mondkalender bis heute.

Hinduismus

die nach Christentum und Islam drittgrößte Religion der Erde und eine der ältes­ten der Welt mit Ursprung in Indien. Der Hin­duismus vereinigt viele sehr unterschiedliche Glaubens- und Frömmigkeits­rich­tungen. Ge­mein­sam ist vielen die Überzeugung, dass Leben und Tod ein sich ständig wiederholender Kreislauf sind (Samsara). Durch ein gutes Leben kann der Mensch der endlosen Kette der Wiedergeburten entrinnen und zur Er­lösung gelangen (Moksha). Die Hindus glauben an eine große Seele oder Kraft, ein höchstes Prinzip (Brahman). Brahman ist gestaltlos, formlos und unsichtbar, aber all­gegenwärtig.

Hip Hop

bezeichnet eine Richtung der Popmusik, die in den 1970er-Jahren aus den afroamerikanischen Ghettos der USA hervorgegangen ist und sich weltweit verbreitet hat. Ein bekanntes Element ist der Rap (rhythmischer Sprechgesang).

hippokratischer Eid

Benannt wurde dieser Eid, der als eine erste Formulierung ärztlicher  Standesethik gilt, nach dem Arzt Hippokrates von Kos (um 460 – 370 v. Chr.). Der hippokratische Eid wird heute in seiner ursprünglichen Formulierung nicht mehr geleistet, aktuelle Gelöbnisse für Ärztinnen und Ärzte orientierten sich aber in der Regel an diesem.

Historischer Jesus

Historischer Jesus: Seit dem Zeitalter der Aufklärung begann man, mit der neutestamentlichen Überlieferung kritisch umzugehen: Man entdeckte, dass viele Texte vom nachösterlichen Glauben geprägt und nicht auf den historischen Jesus zurückzuführen sind. Es entwickelte sich die historisch-kritische Forschung, die die historisch »echte« Jesusüberlieferung von einer nachträglichen Deutung zu unterscheiden und den Prozess der Entstehung der biblischen Schriften zu analysieren versuchte. In der Geschichte dieser Forschung gab es extrem gegensätzliche Positionen: Zunächst war man sehr optimistisch, das Leben Jesu rekonstruieren zu können (»Leben-Jesu-Forschung«). Dagegen richtete sich die Überzeugung, dass man vom historischen Jesus nichts zu wissen brauche; es reiche die Tatsache, dass Jesus gelebt habe: Denn entscheidend sei der Glaube an den Auferstandenen (wie schon bei Paulus, der ja auch kein Wort über das Leben Jesu schreibt!). In jüngerer Zeit geht man wieder stärker auf »Spurensuche« im Leben Jesu. Es geht dabei nicht um eine Biographie, sondern um die Frage, ob und wie der Glaube an Jesus Christus mit dem historischen Jesus im Zusammenhang steht. Während man zunächst glaubte, den »echten« Jesus vor allem in der Differenz zu seiner Zeit finden zu können (original ist, was weder jüdische noch hellenistische Parallelen hat), geht man heute davon aus, dass Jesus gerade auch als Kind seiner Zeit verstehbar ist. So helfen Kenntnisse z. B. der Archäologie und der (Sozial-)Geschichte des antiken Israel, ein lebendigeres Bild von Jesus zu gewinnen. Auch römische Quellen werden herangezogen; so berichtet Tacitus im Jahre 116 von einem zur Zeit des Tiberius unter Pontius Pilatus gekreuzigten Aufrührer, der einen merkwürdigen Aberglauben begründet habe und dessen Nachfolger »Christen« genannt würden. Ferner werden auch apokryphe Evangelien inzwischen in der Forschung stärker berücksichtigt. Viele Forscher halten Folgendes für konsensfähig: Jesus (aram. Jeschua: Retter) wurde in den Jahren 8 bis 4 vor unserer Zeitrechnung als ältester Sohn von Maria (Mirjam) und Joseph vermutlich in Nazareth geboren (für diesen Ort spricht u. a. sein Name: Jesus von Nazareth – der Geburtsort Bethlehem wäre dann symbolisch zu verstehen: Jesus als Sohn Davids). Seine Muttersprache war Aramäisch. Wahrscheinlich erlernte er das Handwerk seines Vaters und arbeitete zunächst als Zimmermann/Bauhandwerker. Im Alter von ca. 30 Jahren begann er, als Wanderprediger, begleitet von Jüngerinnen und Jüngern, durch Galiläa zu ziehen. Er verkündete die Nähe des Gottesreichs und wirkte als Heiler. In seiner Gesellschaft befanden sich Leute aus »schlechter Gesellschaft« (Zöllner, Prostituierte), aber auch jüdische Gelehrte, mit denen er über die Auslegung der Tora diskutierte. Unterstützung erhielt er u. a. auch von wohlhabenden Frauen. Er geriet in Konflikt mit den religiösen Autoritäten; besonders provokativ war sein Verhalten im Tempel in Jerusalem. In dieser Stadt wurde er unter dem römischen Statthalter Pontius Pilatus ca. 30 n. Chr. hingerichtet – am Kreuz – wie für politische Aufrührer üblich. Die Evangelien erzählen das Leben Jesu aus der Perspektive des Glaubens. Da ist vieles wunderhaft überhöht und ausgeschmückt, aber es ist darum nicht »unwahr«, sondern vielmehr auf eine andere Weise wahr: Es spiegeln sich darin die Erinnerungen an Jesus und die Versuche, sein Leben, seinen Tod und seine Auferstehung »für uns« zu deuten.

Hobbes, Thomas

(* 1588, † 1679), englischer Philosoph, Staatstheoretiker und Mathematiker, verfasste in seinem bekanntesten Werk »Leviathan« (benannt nach dem biblischen Meerungeheuer) eine theoretische Begründung des Absolutismus; angesichts des unsicheren Naturzustands der Menschen, deren Zusammenleben durch Egoismus, Gewalt und den Kampf aller gegen alle charakterisiert ist, sieht er die Notwendigkeit der Übertragung aller Macht auf den Souverän.

Hoheitstitel

Die Begegnung mit dem auferstandenen Jesus war für die Jüngerinnen und Jünger eine überwältigende Erfahrung. Sie waren überzeugt: Jesu Leben und Sterben hat eine besondere Bedeutung »für uns«; in ihm kommt Gott nahe. Beim Versuch, dies auszudrücken und weiterzusagen, mussten sie auf vorhandene Sprach- und Denkmuster zurückgreifen – von denen jedoch keines das Neue wirklich fassen konnte. Sie gaben Jesus Namen wie Messias (Christus), Sohn Gottes, Menschensohn, Herr, Sohn Davids. Viele Forscher meinen, dass Jesus selbst diese Titel – außer vermutlich dem Titel »Menschensohn« – eher nicht für sich beansprucht hat, dass er aber z. B. durch Heilungen, Sündenvergebung oder seine Praxis des Schabbats Gottes Reich zeichenhaft repräsentiert / vorweggenommen hat.

Hoherpriester

 

Oberhaupt der Priesterschaft des Jerusalemer Tempels; nur der Hoherpriester durfte einmal im Jahr das Allerheiligste des Tempels betreten. Daneben hatte er durch den Vorsitz im Hohen Rat auch große politische Macht. In der Zeit von 18–37 n. Chr. war dies Kaiphas, der von den Römern eingesetzt worden war und sich in seiner langen Amtszeit offenbar gut mit der römischen Besatzung vertrug.

Hohes Lied (Salomos)

In diesem Buch des Alten Testaments wird die Liebe zwischen einem Mann und einer Frau besungen. Man kann das Hohelied als ein erotisches Gedicht beschreiben, in dem sich die Sprecher / innen abwechseln: eine Frau, ein Mann sowie ein Art Chor / Zuschauer. Die Bezeichnung Hohelied geht auf Martin Luther zurück, wörtlich übersetzt heißt der hebräische Name dieses Buches »Lied der Lieder«. Als das »Hohelied der Liebe« bezeichnet man 1. Kor 13,1–13.

Homophobie

(griech. homos: gleich; phobos: furcht): Feindseligkeit gegenüber Homosexua­lität und gegen Männer und Frauen mit homosexueller Orientierung

Homophobie

Homophobie bezeichnet eine Abneigung oder gar Feindlichkeit gegenüber lesbischen oder schwulen Menschen. Diese Haltung ist mit der Vorstellung verbunden, dass nur Heterosexualität »normal« ist. Zum Ausdruck kommt Homophobie z. B. in abwertenden Sprüchen bzw. Beleidigungen, in Witzen oder in offener, ggf. sogar gewalttätiger Ablehnung.

Homosexualität

Als Homosexualität wird die gleichgeschlechtliche Liebe bezeichnet. Für die männliche Homosexualität wird auch der Begriff schwul verwendet, während weibliche Paare als lesbisch bezeichnet werden. Homosexualität gibt es nicht nur zwischen Menschen, sondern ist auch im Tierreich bekannt.

Honecker, Martin

(* 1934), ist ein deutscher Theologe. Er war bis 1999 Professor für Systematische Theologie und Sozialethik an der Universität Bonn.

Horeb

oder auch Sinai heißt nach biblischer Überlieferung der Berg der Gottesbegegnung. Hier wurde Mose aus dem brennenden Dornbusch von Gott berufen; hier erhielt er von Gott die Zehn Gebote. Hier erlebte auch der Prophet Elia eine Gotteserscheinung (1 Kön 19). Heute wird dieser Berg mit dem Dschebel Musa (»Mosesberg«) in Ägypten identifiziert, an dessen Fuß das berühmte Katharinenkloster liegt.

Horkheimer, Max

Horkheimer, Max (1885–1973) war ein Philosoph, dessen Name untrennbar mit der sog. »Frankfurter Schule« verbunden ist, der u. a. auch Theodor Adorno angehörte. Mit ihm zusammen verfasste er im kalifornischen Exil das Werk »Dialektik der Aufklärung«, in dem es um das Scheitern menschlicher Befreiung und das Entstehen neuer Herrschaftsformen geht.

Hosianna

Diesen in den Psalmen oft vorkommenden hebräischen Gebetsruf (»Hilf doch!«) rufen die Menschen Jesus bei seinem Einzug in Jerusalem zu. Er hat auch Eingang in den christlichen Gottesdienst gefunden.

Hostienfrevel-Vorwurf

Um den Vorwurf des Gottesmordes zu belegen und als bewusstes und kollektives Verhalten von Juden hinzustellen, wurde im Mittelalter das Gerücht erfunden, Juden würden gemeinschaftlich Hostien-Oblaten stehlen, um sie anschließend zu foltern. Aufgrund der Auffassung, dass in den Hostien der Leib Christi anwesend ist, wurde zur Veranschaulichung solcher erfundener Darstellungen ergänzt, dass aus den Hostien heiliges Blut geströmt oder gar Christus als kleines Kind erschienen sei. Die Vorwürfe dienten als Vorwand für blutige Massaker an zahlreichen jüdischen Gemeinden.

Hotspot

(engl.: heiße Stelle, übertragen: Brennpunkt): Ein Hotspot ist ein Ort mit großer Anziehungskraft für Menschen. Manchmal zeichnet sich ein solcher Ort auch durch ein erhöhtes Konfliktpotential aus. Der Begriff Hotspot wird in verschiedenen Zusammenhängen verwendet. Auch Punkte mit öffentlichem drahtlosem Internetzugang nennt man Hotspots.