Lexikon

Tutu, Desmond

* 1931 in Klerksdorp, Süd­afrika, ehemaliger anglikanischer Erzbischof; für seinen Einsatz gegen die Rassenpolitik in Süd­afrika erhielt er den Friedensnobelpreis; er setzt sich für soziale Gerechtigkeit und gegen Dis­kriminierung in der ganzen Welt ein.

Über-Ich

Sigmund Freud beschreibt drei Instanzen der Psyche: das Es (die Triebe), das Ich (die zwischen Es, Über-Ich und Außenwelt vermittelnde Instanz, das bewusste Denken, das Selbstbewusstsein) und das Über-Ich, das die aus der Außenwelt, v. a. über die Eltern, internalisierten Normen und Werte beinhaltet. Das Über-Ich kontrolliert die Triebe und wird oft mit dem »Gewissen« verglichen.

ultima ratio

(lat. ultimus: der Letzte, der Äußerste, ratio: Vernunft, Überlegung) bezeichnet das letzte, äußerste Mittel in einem Interessenskonflikt, wenn zuvor alle sonstigen Mittel ausgeschöpft oder verworfen wurden.

Umkehren, Buße tun

sind Übersetzungs­ver­suche des griechischen metanoiein, was so viel heißt wie: umdenken, das Bewusstsein neu ausrichten, das Leben neu ausrichten. Umkeh­ren muss man vor allem dann, wenn sich die Umstände verändert haben, also zum Beispiel: Wenn Abgase unsere Umwelt belasten, müssen wir in unserem Energieverbrauch umkehren. Jesus meint, dass Gottes Herrschaft nahe ist, deshalb ist es notwendig, Denken und Handeln neu auszurichten.

Umma

(arab.: Volk, Gemeinschaft) bezeichnet nach dem Sprachgebrauch des Korans die Weltgemeinschaft, zu der neben Muslimen auch Nichtmuslime und z. B. Tiere gehören. Das Wort wird aber auch für die religiöse Einzelgemeinschaft (Umma der Muslime oder der Christen) oder die Nationalität (Umma der Ägypter) verwendet.

UN-Behindertenrechtskonvention

Bei der UN-Generalversammlung 2006 wurde ein »Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderung« verabschiedet, welches zwei Jahre später in Kraft trat. Dieser auch in Europa geltende völkerrechtliche Vertrag konkretisiert die allgemeinen Menschenrechte für die Lebenssituation von Menschen mit Behinderung.

UN-Kinderrechtskonvention

1989 haben die Vereinten Nationen das »Übereinkommen über die Rechte des Kindes«, kurz Kinderrechtskonvention, beschlossen. Der Kinderrechtskonvention haben sich fast alle Staaten der Erde angeschlossen. Sie schützt das Recht des Kindes auf Leben und Gesundheit, das Recht auf Entwicklung, das Verbot der Benachteiligung, das Recht auf Wahrung der Interessen der Kinder sowie das Recht auf Beteiligung und Mitbestimmung.

Unbestimmtheitsrelation

Die vom deutschen Physiker Werner Heisenberg (1901–1976) zunächst missverständlich als Unschärferelation bezeichnete Theorie beschreibt eine der fundamentalen Aussagen der Quantenmechanik: Es ist unmöglich, für zwei Größen in einem Quantenzustand gleichzeitig genaue Werte zu finden. Je genauer man eine Größe bestimmt, desto ungenauer wird notwendigerweise die andere. Damit wird eine grundlegende Voraussetzung der klassischen Physik widerlegt, nämlich dass einem Körper zu jeder Zeit ein bestimmter Ort und eine bestimmte Geschwindigkeit zugeschrieben werden können. Zudem ergibt sich aus ihr, dass diese Eigenschaften durch die Messanordnung überhaupt erst definiert werden, da sie vorher nur als Möglichkeiten angelegt sind. Somit hat auch jeder Ausgang einer Messung und der Beobachter selbst Einfluss auf nachfolgende Messungen und damit auf das Beobachtete.

Unterstützte Kommunikation

(UK) bietet Kindern, die nur begrenzt oder gar nicht über Lautsprache kommunizieren können, Kommunikationshilfen. Dazu gehören Formen der Körpersprache, Gebärden und Mimik sowie elektronische und nichtelektronische Kommunikationshilfen wie Tablets mit Sprachausgabe, Zeigetafeln.

Urgemeinde

Kurz nach den Ereignissen von Karfreitag und Ostern entstand in Jerusalem die erste christliche Gemeinde. Ihre Mitglieder waren zunächst nur Judenchristen, also Juden, die nach ihrem Selbstverständnis auch als Christen Juden blieben. Sie pflegten ein geregeltes Gemeindeleben mit gemeinsamen Mahlzeiten in den Häusern der Gemeindemitglieder, Lehrtätigkeit der Apostel, Brotbrechen und Gebet. Der Gottesdienst, der in der Synagoge stattfand, bestand aus Gebet, Schriftlesung und Lehre. Nach Apg 6,1 gab es später in der Urgemeinde sowohl eine aramäischsprechende (die »Hebräer«) als auch eine griechischsprechende (die »Hellenisten«) Gruppe. Konflikte zwischen Hebräern und Hellenisten über die Einhaltung des jüdischen Kultgesetzes führten zur Vertreibung der Hellenisten aus Jerusalem. Die historische Folge der Vertreibung der Hellenisten war die Ausbreitung des Christentums außerhalb von Judäa und Galiläa.

Urheberrecht

bezeichnet ein Schutzrecht, welches das geistige Eigentum eines Schöpfers (oder Urhebers) an seiner kreativen Leistung (z. B. Musik, Dichtung, Bilder) gewährleistet. Das Urheberrecht ermöglicht es dem Urheber, darüber zu entscheiden, auf welche Art er seine Werke nutzen und veröffentlichen möchte. Darüber hinaus bietet es ihm die Möglichkeit einer wirtschaftlichen Verwertung seiner Leistung.

Utopie

(von griech. u-topos: Nicht- oder Nirgend-Ort). Das Wort bezeichnet also eine Welt, die es so nicht gibt, aber die man sich als eine bessere Welt vorstellen kann. Wenn man das Wort positiv gebraucht, betont man, dass es diese bessere Welt zwar noch nicht gibt, es aber einmal so werden könnte oder sollte. Verwendet man den Begriff abfällig, hält man die Vor­stellung für vollkommen unrealistisch; also für eine Traumwelt, die es nie geben wird: ein »Nie-Ort«.

Vajrayana

Vajrayana: eine auf den Grundlagen des Mahayana beruhende, vor allem im nepalesisch-tibetischen Raum verbreitete dritte große Richtung des Buddhismus, die durch verschiedene Methoden oder Wege (Mantra, Tantra usw.) den Weg zum Erwachen sucht. Der Dalai Lama ist einer der bekanntesten Vertreter des Vajrayana, der auch Lamaismus genannt wird. In Bhutan ist der Vajrayana-Buddhismus Staatsreligion.

Vater und Mutter ehren

Das 4. Gebot wird oft so verstanden, dass man seinen Eltern gehorchen müsse. Doch auch dieses Gebot dient dem Schutz der Schwachen: Es hat die alten Eltern im Blick, die nicht mehr selbstständig leben können. (Hebr. »ehren« heißt eigentlich: »schwer machen«, d. h. jemanden mit dem Lebensnotwendigen versorgen.) Es richtet sich an Familienmitglieder, aber auch an die Gesellschaft, die für die soziale Sicherung der alten Menschen verantwortlich ist. Der zweite Teil »auf dass dir’s wohlgehe« beschreibt weniger eine »Belohnung« für gutes Verhalten, als seine Folge: Schalom kann in Familie und Gesellschaft nur herrschen, wenn Alt und Jung, Starke und Schwache füreinander sorgen.

Verbalinspiration

Unter Verbalinspiration versteht man die Auffassung, dass die der jeweiligen Buchreligion zugrunde liegende Schrift Wort für Wort von Gott den Menschen geoffenbart wurde und aufgrund ihres göttlichen Ursprungs ohne Fehler ist. Diese Überzeugung hat Konsequenzen für die Auslegung der jeweiligen heiligen Schrift. Im Raum der evangelischen Theologie wurde in der altprotestantischen Orthodoxie nach Luthers Tod eine Lehre von der Verbalinspiration entwickelt, die sich v. a. gegen die katholische Sicht von der Verbindlichkeit auch der kirchlichen Tradition richtete. Die Verbalinspiration wurde seit der Aufklärung durch die historisch-kritische Forschung (S. 134 f) in Frage gestellt. Heutzutage wird sie in unterschiedlichen Ausprägungen vor allem von evangelikalen Protestanten und Mitgliedern christlicher Sondergemeinschaften, wie z. B. den Zeugen Jehovas, vertreten.

Vereinte Nationen

(engl.: United Nations Organisation, UN oder UNO): Gemeinschaft von 193 Staaten, die sich für den Frieden in der Welt und die Menschenrechte sowie die Zu­sammenarbeit der Völker untereinander einsetzt.

Vergil

(Publius Vergilius Maro), ca. 70–19 v. Chr., war ein römischer Dichter. In seinem berühmten Epos »Aeneis« besang er – zum Ruhm des Kaisers Augustus – die Gründungsgeschichte des Römischen Reiches. 

Versöhnungstag (Jom Kippur)

Hoher jüdischer Feiertag, der mit Fasten, Beten und feierlichem Sündenbekenntnis begangen wird. Im Alten Israel war es der Tag, an dem der Hoherpriester das Allerheiligste betreten durfte, um das Volk und sich selbst mit Gott zu versöhnen (Lev 16,1).

Vexierbild

ist ein mehrdeutiges »Such-« oder »Rätselbild«, das verschiedene Interpretationsmöglichkeiten offen lässt. Man unterscheidet verschiedene Arten: Zum einen können Objekte dargestellt sein, die sich als unmöglich erweisen (z. B. eine unendlich Treppe ohne Anfang und Ende). Manchmal sind Figuren auf den ersten Blick nicht erkennbar, oder es sind aus verschiedenen Blickrichtungen oder mit unterschiedlichem Fokus unterschiedliche Bildinhalte zu sehen. Manchmal erkennt man das Verborgene sogar erst mit einem Spiegel.

Vision

(lat. visio: Gesicht, Schau) bezeichnet allgemein eine Vorstellung der Zukunft, die man ersehnt und für die man sich begeistert. Im engeren Sinn meint man damit eine oft nur für eine bestimmte Person sichtbare Erscheinung eines Bildes oder von Ereignissen, wodurch Gott zum Beispiel einem Propheten Botschaften und Aufträge mitteilt. Im Gegensatz zu einem Traum sind die Personen dabei immer in einem wachen Zustand.

Visitator

Ein Visitator bzw. eine Visitatorin besucht einen Pfarrer oder eine Pfarrerin, um zu beurteilen, ob er bzw. sie den Anforderungen seines/ihres Berufs gewachsen ist. Historisch spielte die Visitation für die Verbreitung und Festigung der Reformation eine wichtige Rolle. Denn nur durch sie konnte überprüft werden, ob die Ortspfarrer der evangelischen Lehre und den gewandelten Anforderungen entsprachen.

Volxbibel

Die sogenannte Volxbibel ist die erste Bibel, die als Internet-Projekt entstanden ist. Ähnlich wie bei Wikipedia können hier im Prinzip alle Internetnutzer mitschreiben, indem sie z. B. die Texte der Lutherbibel auf die heutige Zeit zu übertragen versuchen. Die Volxbibel ist somit keine Bibelübersetzung, die sich auf den ursprünglichen Text beruft. Wie die Schreibweise des Titels schon deutlich macht, ist sie vor allem für Jugendliche gedacht. Die Volxbibel kann man auch kaufen; sie hat es sogar bis in die Bestsellerlisten geschafft. Die 4. Version (Volxbibel 4.0) ist z. B. im September 2012 erschienen. Es gibt auch Hörversionen im Internet. Eine andere Bibel, die sich v. a. an Jugendliche richtet, ist die BasisBibel.

Wahres Kreuz Christi

Der Legende nach soll auf Veranlassung von Helena, der Mutter Konstantins des Großen, um das Jahr 325 n. Chr. das Kreuz, an dem Jesus starb, in Jerusalem gefunden worden sein. Dieses gab den Anlass zum Bau der Grabeskirche in Jerusalem, die auch heute noch von vielen Pilgern aufgesucht wird. Im Mittelalter wurden viele Reliquien des Wahren Kreuzes an unterschiedlichen Orten verehrt.

Wallfahrt

ist eine Reise zu einem heiligen Ort, die oft zu Fuß gemacht wird. Nicht nur das Ziel ist wichtig, sondern vor allem auch das Unterwegs-Sein. Wallfahrten gibt es in vielen Religionen. Zu Jesu Zeit kamen die Menschen zu den großen Wallfahrtsfesten Pessach, Schawuot und Sukkot nach Jerusalem. Im Islam gehört die Pilgerfahrt nach Mekka zu den Fünf Säulen der Religion. Berühmte christliche Wallfahrtsorte sind heute neben Jerusalem, z. B. Altötting und Santiago di Compostela (Jakobsweg).

Washington, George

Washington, George (1732–1799) gilt als einer der Gründerväter der USA und als Schlüsselfigur im Unabhängigkeitskrieg, da er als Oberbefehlshaber der amerikanischen Armee mit seinen Truppen den Sieg über die Engländer erkämpfte. Von 1789 bis 1797 war er der erste Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Er arbeitete die Verfassung mit aus und war einer ihrer Unterzeichner.

Weihwasser

Wenn Katholiken ihre Kirche betreten, bekreuzigen sie sich mit geweihtem Wasser, das sich in einem kleinen Becken im Eingangsbereich befindet. Das Weihwasser erinnert an die Taufe. Es besteht aus Wasser und Salz und wird in der Osternacht feierlich vom Priester gesegnet.

Weimarer Republik

bezeichnet die erste demokratische Epoche Deutschlands, die mit der Aus­rufung der (parlamentarisch verfassten) Republik am 9. November 1918 begann und mit der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichs­kanzler am 30. Januar 1933 endete. Sie war von großen Gegensätzen geprägt: Während die neuen Frei­heiten z. B. Kunst und Kultur beflügelten, lasteten Massenarbeitslosigkeit, Kriegs­schäden und Reparationsforderungen aus dem Ersten Weltkrieg schwer auf ihr. Nach dem Börsensturz am sog. Schwarzen Freitag im Oktober 1929 verschlimmerte sich die wirtschaftliche Lage noch mehr und führte zu einer größeren politischen Radika­lisierung der Be­völ­kerung. Dies begünstigte den Auf­stieg der NSDAP unter der Führung Hitlers, von der sich viele ein Ende des politischen und wirtschaftlichen Chaos’ versprachen.

Weisheit

Die biblischen Bücher Hiob, Kohelet (Prediger), Sprüche, das Hohelied, das Buch der Weisheit und einige Psalmen gehören zur sogenannten Weisheitsliteratur. Im Alten Israel und seiner Umwelt umfasst »Weisheit« Weltwissen und soziale Kompetenz, beides galt als Geschenk Gottes. Weisheitslehren wurden zunächst in den Familien überliefert, seit der Königszeit professionell durch gebildete Schreiber und Gelehrte, die für die Ausbildung junger Beamter zuständig waren. Zur Weisheit gehört auch der sog. Tun-Ergehens-Zusammenhang: Gutes bzw. schlechtes Verhalten hat unmittelbare Folgen für den Einzelnen und sein soziales Umfeld. Diese Erfahrung geriet allerdings in die Krise, als die Sippe nicht mehr den tragenden Lebenszusammenhang bildete: Das Buch Hiob zeugt von dieser Krise.

Weiße Rose

1942 gegründete Widerstandsbewegung zur Zeit des Nationalsozialismus, deren Hauptvertreter die beiden Geschwister Hans und Sophie Scholl sowie deren Kommilitonen Christoph Probst, Willi Graf und Alexander Schmorell, außerdem der Universitätsprofessor Kurt Huber waren. Im Februar 1943 wurden die Geschwister Scholl bei der Verteilung von Flugblättern in der Münchner Universität verhaftet. Sie wurden nach langen Verhören am 22. Februar 1943 hingerichtet. Auch Kurt Huber, Willi Graf und Alexander Schmorell wurden zum Tode verurteilt und enthauptet.

Weizsäcker, Richard von

Weizsäcker, Richard von (1929–2015) war von 1984 bis 1994 Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland. Seine Rede zum 40. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges, bei der er u. a. das Kriegsende als Befreiung beschrieb, wird als wichtiger Schritt für eine Erinnerungskultur im Zeichen der Annahme der nationalsozialistischen Vergangenheit in Deutschland bezeichnet. Richard von Weizsäcker engagierte sich als Präsident des Kirchentags und gehörte außerdem 17 Jahre der EKD-Synode und dem Rat der EKD an.