Lexikon

Anatman

(sanskr.: ohne [ewige] Seele): Der Buddha hat der Lehre der hinduistischen Schriften widersprochen, nach der eine ewige, alle Tode überdauernde Seele (Atman) von Wiedergeburt zu Wiedergeburt wandert. »An« ist das verneinende Präfix vor dem Begriff Atman. Später ersetzte Buddha das Wort, das streng übersetzt »seelenlos« heißt, durch den Begriff »leer« (keine Seele darin), was die gleiche Bedeutung hat, aber weniger anstößig ist. Der Buddhismus leugnet dabei also die Existenz einer unabhängigen und dauerhaften Seele, nicht aber die Existenz des je und je empirisch erfahrbaren »Ich«.

Androide

Androide nennt man Roboter mit menschlichen Zügen und menschenähnlichem Verhalten.

Anglikaner

sind Mitglieder der Anglikanischen Kirche. Diese geht auf die alten keltischen und sächsischen Kirchen auf den Britischen Inseln zurück. Als 1529 zwischen dem englischen König Heinrich VIII. und dem Papst in Rom Streitigkeiten über die Rechtmäßigkeit der königlichen Ehen aufkamen (der Papst verweigerte Heinrich VIII. eine Ehescheidung), erklärten die Bischöfe Englands, dass sie in Heinrich und nicht im Papst das Oberhaupt der englischen Kirche sähen, womit sich die englische Kirche von Rom lossagte. In der anglikanischen Lehre gibt es ein weites Spektrum zwischen der »High Church«, die in Liturgie und Lehre den anderen katholischen Kirchen nahe steht, und der »Low Church«, die dem Protestantismus, insbesondere dem Calvinismus nahesteht. Theologisch sind innerhalb der anglikanischen Kirche sehr liberale wie auch streng konservative Richtungen vertreten.

anglikanisch

Die anglikanische Kirche entstand 1534 als englische Staatskirche, als sich König Heinrich VIII. von Rom lossagte, nachdem ihm der Papst die Ehescheidung verweigert hatte. Die anglikanische Kirche vereinigt verschiedene Richtungen, die teils der katholischen Kirche, teils dem Protestantismus nahe stehen.

Anselm von Canterbury

(1033–1109) war ein bedeutender Theologe des Mittelalters. Sein berühmtes Zitat »Fides quaerens intellectum« (Glaube, der nach Einsicht bzw. Verstehen sucht) fasst zusammen, dass Glaubensinhalte mithilfe der Vernunft so dargelegt werden sollen und können, dass sie Gläubigen wie Nicht-Gläubigen ein vertieftes Verständnis ermöglichen. Auch der von ihm entwickelte Gottesbeweis diente diesem Zweck.

Anthropologie, philosophische

ist ein Teilbereich der Anthropologie. Sie stellt, abgeleitet von griech. anthropos (der Mensch) und logos (die Rede, die Lehre, das Wissen), die Wissenschaft vom Menschen dar. Anthropologische Studien können in vielen Fachbereichen stattfinden. Dazu gehören sowohl naturwissenschaftliche Auseinandersetzungen mit dem Menschen als auch philosophische oder sozial- und kulturwissenschaftliche. In der philosophischen Anthropologie des 20. Jahrhunderts wird der Mensch vor allem aus seinem leiblichen, beobachtbaren Verhalten bestimmt und dieses auf die Frage nach seiner Sonderstellung zugespitzt. Vertreter dieser Anthropologie sind Max Scheler, Helmuth Plessner und Arnold Gehlen.

Anthropozän

bezeichnet die geologische Epoche, in der menschliches Wirken besonders großen Einfluss auf die Erde als System nimmt. Der Begriff regt damit auch dazu an, über die Verantwortung des Menschen gegenüber der Umwelt angesichts begrenzter Ressourcen nachzudenken.

Antike

(von lat. antiquus: alt, altertümlich) bezeichnet eine wichtige Epoche des Altertums im Mittelmeerraum. Sie reichte etwa von 1200 v. Chr. (bei engerer Eingrenzung von 800 v. Chr.) bis ca. 600 n. Chr. In dieser Zeit herrschte zunächst die griechische und später die römische Kultur vor, die zusammen mit dem Christentum Europa (also das damalige Abendland) stark beeinflusst und mitgeprägt hat.

Antisemitismus

ist ein Sammelbegriff für verschiedene Formen der Judenfeindschaft. Im engeren Sinne bezeichnet er die pseudowissenschaftliche, biologistische Rassentheorie aus dem 19. und 20. Jh., wonach Juden ihrem »Blut« nach (sozusagen »genetisch«) »minderwertig« seien. Dieser rassistische Antisemitismus konnte auf lange Traditionen eines christlichen Antijudaismus zurückgreifen. Allerdings entstammen die polemisch-abwertenden Stellen im Neuen Testament ursprünglich der lebendigen Auseinandersetzung innerhalb des Judentums (Jesus und Paulus waren ja Juden) und wurden in einer Zeit verschriftlicht, als die Christengemeinde selbst noch verfolgte Minderheit war. Nach der wurden diese judenfeindlichen Stellen zum todbringenden Argument gegen die Juden: »Gottesmörder«. Heute herrschen in Deutschland oft eher unterschwellige oder geschickt versteckte Formen des Antisemitismus vor; bei genauerer Wahrnehmung lassen sich aber auch hier manche der typischen Klischees, Denkmuster und Stereotypen der Vergangenheit wiedererkennen.

Apokalypse

(griech. apokalyptein: enthüllen, offenbaren) bzw. Offenbarung des Johannes heißt das letzte Buch der Bibel, entstanden zwischen 90 und 138 n. Chr. Der Verfasser will nach eigenen Angaben den kleinasiatischen Christengemeinden während einer Christenverfolgung von der Insel Patmos aus Mut machen, indem er in gewaltigen Bildern und Visionen schildert, wie Christus – nach einer Zeit schwerer Kämpfe und Leiden – wiederkommt, die feindlichen Mächte besiegt und ein Friedensreich errichtet. Apokalyptische Literatur mit Visionen vom Ende der Geschichte und von den Schrecken und Grausamkeiten, die diesem vorausgehen, gibt es seit ca. der Mitte des 2. Jh.s v. Chr. auch schon in der jüdischen Tradition, z. B. die Bücher Daniel und Henoch.

apokalyptisch

bedeutet im engeren Sinn: auf die Apokalypse des Johannes bezogen. Allgemein beschreibt der Begriff auch ein (katastrophales) Weltende und wird daher auch in Bezug auf besonders verheerende Katastrophen verwendet.

apokryph

Bücher, die den biblischen Schriften nahe stehen, aber nicht zum verbindlichen Bestand der Bibel gehören. Die apokryphen Schriften Judit, Weisheit Salomos, Tobit, Jesus Sirach, Baruch, 1. und 2. Makkabäerbuch sowie Zusätze zu Ester und Daniel werden in katholischen und orthodoxen Bibeln zum Alten Testament gezählt, in lutherischen Bibelausgaben sind sie manchmal mit abgedruckt (Luther hielt die Apokryphen für gut und nützlich zu lesen). Darüber hinaus gibt es auch neutestamentliche Apokryphen, z. B. das Thomasevangelium, das eine Sammlung von Aussprüchen Jesu enthält.

Apologetik

(von griech. apología: Verteidigung) bezeichnet den Versuch oder das Vorhaben, eigene weltanschauliche Ansichten gegen mögliche oder tatsächliche Angriffe von Kritikern abzusichern.

Aporie

(griech.: Weglosigkeit): Denkunmöglichkeit, unlösbares Problem.

Apostel

waren die Prediger der ersten Christen. Sie erzählten die Botschaft von Jesus Christus weiter. Daher auch ihr Namen, denn griechisch apostolos bedeutet Gesandter. Ursprünglich war der Kreis der Apostel geöffnet. Zu ihm zählten neben Paulus und Petrus auch unbekannte Männer und Frauen (z. B. Junia, deren Name in Apg in den Männernamen Junias geändert wurde) und Andron. Noch am Ende des 1. Jahrhunderts gab es wandernde Apostel. Der Evangelist Lukas jedoch spricht von zwölf Aposteln (zwölf Jüngern), die von Jesus ernannt worden sind. Sie bildeten die erste Kirchenleitung.

apostolisch

Mit diesem Begriff soll ausgesagt werden, dass etwas im Sinne der Apostel ist oder von ihnen ausgeht. Mit der Bezeichnung »apostolisches Glaubensbekenntnis« will man also sagen, dass es dem Glauben der Apostel entspricht. In der katholischen Kirche bedeutet apostolisch oft auch päpstlich, weil sich der Papst als Nachfolger des Apostels Petrus sieht.

Apostolisches Amt

bezeichnet eine theologische Konzeption, die sich auf eine ursprüngliche Rolle der Apostel in der frühen Kirche bezieht. Die Bedeutung dieser Konzeption für das Kirchenverständnis ist in den christlichen Konfessionen umstritten. In evangelischen Kirchen gilt ein allgemeines Priestertum, wonach alle Getauften bzw. Glaubenden in Sachen des göttlichen Heils keine Hilfe bzw. Vermittlung durch Geistliche benötigen. Die römisch-katholische Kirche geht dagegen von einer unterbrochenen direkten Weitergabe des Bischofsamtes seit den Aposteln, der sog. Apostolischen Sukzession, aus, wonach der Papst als Nachfolger des Petrus gilt. Durch das Handauflegen in der Weihe wird dieses Amt von einem Bischof auf den nächsten übertragen und hat ein untilgbares geistliches Prägemal (Character indelebilis) zur Folge, dass die geweihte Person Christus gleichförmig macht, so dass sie stellvertretend für ihn handeln kann. Nach diesem Verständnis können christliche Gemeinschaften, bei denen die Apostolische Sukzession unterbrochen wurde, nicht als (vollwertige) »Kirchen« anerkannt werden.

Araber

Als Araber werden heute meist arabisch-sprachige Menschen bezeichnet, die größtenteils im Nahen Osten und in Nordafrika leben. Im Zusammenhang mit dem Palästina-Konflikt wird der an sich neutrale Begriff »Araber« aber auch zur polemischen Abgrenzung eingesetzt, weil er suggeriert, dass es eine palästinensische Nation nie gegeben habe (sondern eben nur »Araber«) und es folglich auch keine »Palästinenser« geben könne. Bewusst ignoriert wird damit auch, dass es Palästinenser mit einem israelischen Pass gibt. – Ähnliches gilt umgekehrt z. B. bei der Bezeichnung Israels als »Palästina«.

Arabisch

Da die Ursprache des Korans Arabisch ist, erlangte diese Sprache durch die Ausbreitung des Islam (ab dem 7. Jh.) große Bedeutung. In der Regel wurde sie mit der Einführung des Islam als Schriftsprache übernommen. Seit dem Mittelalter entwickelten sich unterschiedliche Dialekte, unter anderem Irakisch, Syrisch und Ägyptisch. Wie auch im Hebräischen besteht die Schrift des Arabischen nur aus Konsonanten. Die Vokale werden mündlich hinzugefügt. Für die Umschrift arabischer Wörter existieren sehr unterschiedliche Schreibweisen, z. B. Hadjj/Hadsch/Hajj,  Muhammad/Mohammed usw.

Arabischer Frühling

Der Begriff bezeichnet die Massenproteste und Aufstände in arabischen Ländern. Diese Proteste entwickelten sich nach der Selbstverbrennung eines verzweifelten jungen Tunesiers 2010 und breiteten sich nicht zuletzt durch digitale bildliche Kommunikation (z.B. durch Handy-Bilder) rasch aus. Der Schwerpunkt lag auf dem Frühjahr 2011. Die Metapher des »Arabischen Frühlings« bringt zum Ausdruck, dass diese Proteste bei vielen Menschen die Hoffnung auf eine Demokratisierung repressiver arabischer Staaten bzw. eine Durchsetzung von Menschenrechten geweckt hatten.

Arabischer Frühling

Arabischer Frühling: Der Begriff bezeichnet die Massenproteste und Aufstände in arabischen Ländern. Diese Proteste entwickelten sich nach der Selbstverbrennung eines verzweifelten jungen Tunesiers 2010 und breiteten sich nicht zuletzt durch digitale bildliche Kommunikation (z. B. durch Handy-Bilder) rasch aus. Der Schwerpunkt lag auf dem Frühjahr 2011. Die Metapher des »Arabischen Frühlings« bringt zum Ausdruck, dass diese Proteste bei vielen Menschen die Hoffnung auf eine Demokratisierung repressiver arabischer Staaten bzw. eine Durchsetzung von Menschenrechten geweckt hatten.

Aramäisch

Das Aramäische ist als semitische Sprache eng mit dem Hebräischen verwandt; es ist seit dem 9. Jh. v. Chr. nachweisbar und war zur Zeit Jesu die Volkssprache in dem Land, in dem Jesus lebte. Hebräisch war den kultischen (religiösen) Zusammenhängen vorbehalten. 

archimedischer Punkt

meint einen wünschenswerten absoluten, »unbeweglichen« Bezugspunkt außerhalb eines Versuchsaufbaus oder einer Anwendungssituation. Der Begriff leitet sich von der Aussage des berühmten Mathematikers Archimedes ab, wonach er ganz allein die Erde anheben könne, wenn er nur einen festen Punkt und einen ausreichend langen Hebel hätte.

Area 51

ist eine lange Zeit streng geheim gehaltene militärische Forschungs- und Entwicklungseinrichtung des US-Militärs, die sich in einer Sperrzone in Nevada befindet. Um sie ranken sich viele Verschwörungstheorien über angebliche geheime Tests mit Außerirdischen und deren Ufos.

Arendt, Hannah

(* 1906 bei Hannover, † 1975 in New York), war eine jüdische deutsch-amerikanische politische Theoretikerin, Dozentin für Philosophie und Publizistin. Nach ihrer Emigration aus Nazi-deutschland erhielt sie 1951 die US-amerikanische Staatsbürgerschaft. Sie veröffentlichte zahlreiche philosophische und politikwissenschaftliche Werke; besonders bekannt und umstritten sind ihre Aufzeichnungen anlässlich des Prozesses gegen Eichmann 1961 (»Eichmann in Jerusalem«), an dem sie als Bericht­erstatterin teilnahm. Hier bildete sie ihre Theorie von der »Banalität des Bösen«.

Areopag

Der Areopag ist ein nach dem Kriegsgott Ares benannter, 115 m hoher Felshügel in Athen. Die älteste Ratsversammlung Athens, die hier tagte, erhielt ihren Namen von dem Ort. Der Areopag diente vermutlich zunächst als Beratungsorgan für die Könige und für hohe Beamte, später als einflussreiches Leitungs- und Gerichtsgremium. Aus der Apostelgeschichte des Lukas geht nicht eindeutig hervor, ob Paulus in seiner Areopagrede (Apg 17,16–34) nur auf dem Hügel als einer zentralen, für Reden geeigneten Stätte oder vor dem gleichnamigen Gremium spricht. Tatsächlich aber spricht Paulus vor einem Publikum, zu dem sowohl Stadtvolk als auch Philosophen gehören, deren Reaktion auf die Rede in Apg 17,32 geschildert wird.