Lexikon

Bodelschwingh, Friedrich von (jun.)

(* 1877; † 1946 jeweils in Bethel) war Pfarrer und Leiter der von seinem Vater gegründeten Von Bodelschwinghschen Anstalten in Bethel. 1933 wurde er zum deutschen Reichsbischof gewählt, legte dieses Amt jedoch nieder, als die evangelische Kirche in Preußen von den National­sozialisten unter staatliche Aufsicht gestellt wurde. Vor dem Hintergrund der sog. Euthanasie – der Tötung als lebensunwert betrachteter Men­schen – wurde er entschiedener Gegner der Na­tio­nal­sozialisten und rettete viele geistig und körperlich behinderte Bewohner Bethels vor der Ermordung.

Bodelschwingh, Friedrich von (sen.)

(* 1831 in Tecklenburg; † 1910 in Bethel), war Pfarrer und seit 1872 Leiter der 1867 gegründeten Anstalten für Epilepsiekranke bei Bielefeld. Sein Ziel, durch seine Tätigkeit am Bau des Gottes­reiches mitzuarbeiten, wird auch im Namen der Anstalt deutlich, die seit 1874 »Bethel«, d. h. Haus Gottes, heißt. Durch gute Beziehungen und geschickte Mittelbeschaffung z. B. durch den gezielten Aufbau von sog. Pfennigvereinen zum Spen­den­sammeln, sorgte er für ein rasches Wachstum der Einrichtung, die bald zum größten Hilfswerk der Inneren Mission, also der diakonischen Einrichtungen der evangelischen Kirche in Deutschland, und in ihrer inneren Orientierung zum Modell für viele Fürsorgeeinrichtungen wurde. Beispiels­weise wurde durch Arbeitstherapie das Selbst­wert- und Gemeinschaftsgefühl der Kranken gestärkt und der Kontakt zu Gesunden gefördert. Heute sind die nach ihm benannten von Bodelschwinghsche Stiftungen Bethel mit ihren Einrichtungen im Bereich der Alten-, Behin­derten- und Jugendhilfe, des Hospiz­dienstes, der Psychiatrie und der Behandlung von Menschen mit Hirnschädigungen die größte diakonische Ein­richtung in Europa und führend in der Be­handlung und Erforschung der Epilepsie.

Bodhisattva

Bodhisattva (sanskr.) bedeutet ursprünglich: einer, der Erleuchtung sucht. Im Mahayana-Buddhismus wird dieser zentrale Begriff verwendet, um einen Menschen zu beschreiben, der seine eigene »Erleuchtung« zurückstellt, um andere auf ihrem Weg zu fördern. Der Bodhisattva ist dadurch ein Gegenbegriff zum Arhat, der seine eigene Befreiung sucht. Als Bodhisattvas werden auch die als transzendente Wesen personifizierten Eigenschaften des Erleuchteten bezeichnet wie z. B. Avalokiteshvara, der Bodhisattva der Barmherzigkeit, und Manjushri, der Bodhisattva der Weisheit.

Bolschewismus

Eine radikale revolutionäre Richtung des Kommunismus unter der Führung Lenins. Mit der Revolution 1917 übernahmen die Bolschewisten die Macht in Russland, der Bolschewismus wurde zur Staats-Ideologie der 1922 von den Bolschewisten gegründeten Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR). Vor allem die Nationalsozialisten verwendeten »Bolschewismus« später als Kampfbegriff gegen sämtliche kommunistische Parteien in Europa.

Bonhoeffer, Dietrich

(* 4. Februar 1906 in Breslau; † 9. April 1945 im KZ Flossenbürg) war ein evangelischer Theologe, der sich im »Dritten Reich« aktiv am Widerstand gegen Adolf Hitler und dessen Diktatur (Nationalsozialismus) beteiligte. Am 5. April 1943 wurde er deshalb verhaftet und kurz vor Kriegsende im Konzentrationslager Flossenbürg hingerichtet. Viele Menschen kennen sein Gedicht »Von guten Mächten wunderbar geborgen« (EG 65 und 637), das er im Gefängnis für seine Verlobte schrieb. Eines seiner bedeutendsten Werke ist die »Ethik«, 1939 begonnen und mit seinem Tod abgebrochen.

Bora, Katharina von

war die Ehefrau Martin Luthers. 1499 geboren, stammte sie aus einer Familie des sächsischen Landadels. Ihr Vater gab sie Ende 1504 zur Erziehung zunächst in ein Benediktinerinnenkloster, später in ein Kloster der Zisterzienserinnen. Dort erlernte sie lesen, schreiben, singen, etwas Latein und lernte die betriebswirtschaftlichen Abläufe der Landwirtschaft kennen. 1515 legte sie ihr Gelübde als Nonne ab. Bald darauf las Katharina mit ihren Ordens­schwestern die ersten Schrif­ten Martin Luthers. Sie beschlossen gemeinsam aus dem Kloster zu fliehen und baten dafür Martin Luther um Hilfe. Ostern 1523 gelang die Flucht. Da die Frauen nicht nach Hause zurück konnten, brachte Luther sie in Wittenberg bei Freunden unter und vermittelte ihnen »ehrenwerte Männer«. 1525 heirateten Katharina und Martin Luther. Von den sechs in den Jahren 1526 bis 1534 geborenen Kindern starben zwei früh. Katharina prägte als überaus tüchtige Hausfrau, Gärtnerin, Bäuerin, Wirt­schaf­terin, Bierbrauerin, Imkerin und Gastge­be­rin eines offenen Pfarrhauses das Bild der evangelischen Pfarrfrau bis heute. Martin Luther schätzte und liebte seine Frau sehr und setzte sie in seinem Testament viel weitreichender als seine Erbin ein als zur damaligen Zeit üblich und zulässig. 1552 starb sie, sechs Jahre nach ihrem Mann.

Bosch, Hieronymus

(*1450, †1516) war ein niederländischer Maler der Renaissance. Seine Auftraggeber waren oft aus dem höheren Adel und Klerus. In der Regel zeigen seine Gemälde religiöse Motive und Themen.

Brecht, Bertolt

(1898–1956) war ein deutscher Schriftsteller, der besonders für seine kritischen Theaterstücke und Gedichte bekannt ist.

Brüder Grimm

Grimm, Jacob (1785–1863) und Wilhelm (1786–1859), genannt die »Brüder Grimm«, erforschten als Volkskundler und Sprachwissenschaftler gemeinsam die deutsche Volksdichtung und Sprache. Berühmt ist vor allem ihre Sammlung der »Kinder und Hausmärchen« (1. Auflage 1812), die bis heute als »die« typischen Kindermärchen gelten, obwohl sie ursprünglich von Erwachsenen für Erwachsene erzählt wurden. 1838 begannen die Brüder Grimm mit dem Deutschen Wörterbuch – ein umfangreiches Projekt, das nach ihrem Tod von anderen Sprachwissenschaftlern weitergeführt wurde.

Buber, Martin

(* 1878 in Wien, † 1965 in Jerusalem) war ein bedeutender jüdischer Religionsphilosoph, der sich in seinen Schriften mit der Religion und Geschichte des Judentums befasste und zusammen mit Franz Rosenzweig eine moderne Übersetzung der hebräischen Bibel verfasste. Er trat für ein friedliches Zusammenleben in Palästina ein.

Buchdruck

wird Mitte des 15. Jahrhunderts vor allem von Johannes Gutenberg erfunden. Der Buchdruck löst das mühsame Abschreiben in den Klöstern ab und ermöglicht die rasche Verbreitung von Luthers Schriften und seiner deutschen Bibel.

Buchholz, Quint

(*1957) ist ein bekannter deutscher Illustrator und Buchautor, dessen Werke in über zwanzig Sprachen übersetzt wurden und zahlreiche Preise erhalten haben. Er illustrierte auch viele Kinder- und Jugendbücher wie etwa »Sofies Welt«. 2010 erschien »Die Bibel in Bildern von Quint Buchholz«. Hierfür hat er teils schon zuvor gemalte Bilder mit bestimmten biblischen Geschichten verknüpft, teils neue Bilder gemalt. Sein Ziel ist es, einen Raum zu öffnen und zu eigenen Entdeckungsreisen durch die Geschichten der Bibel anzuregen.

Bultmann, Rudolf

Bultmann, Rudolf (1884–1976) war 1921–1951 Professor für Neues Testament in Marburg. Wie Karl Barth gehörte er der Richtung der dialektischen Theologie an. Wichtig für die biblische Hermeneutik war besonders sein Ansatz der Entmythologisierung: Demnach entspricht das antike Weltbild, das den biblischen Texten zugrunde liegt, nicht mehr unserem; Aufgabe der Exegese ist es, aus den zeitgebundenen mythologischen Bildern die existentiell bedeutsame Glaubensaussage der Texte herauszuarbeiten.

Bund

Die Bibel erzählt, dass Gott mit den Menschen eine Beziehung eingeht, sich mit ihnen verbindet. Das Alte Testament berichtet von Bundesschlüssen Gottes mit einzelnen Menschen: mit Noah, Abraham, Mose und David. Die Propheten klagen die Menschen an, dass sie diesen Bund immer wieder brechen, doch sie machen auch Hoffnung auf einen »neuen Bund« (Jer 31,31–34). Christen sehen diese Hoffnung in Jesus Christus erfüllt (Neues Testament = Neuer Bund).

Bundeslade

(auch: Lade Gottes): Nach Ex 25 war die Bundeslade ein vergoldeter Kasten aus Akazienholz, der an zwei Stangen getragen wurde. Auf ihrem Deckel standen zwei goldene Cheruben (Wächterengel). Im Inneren der Bundeslade befanden sich die Steintafeln mit den Zehn Geboten. Für die Israeliten war die Lade ein Zeichen für die Anwesenheit Gottes. Sie wurde von David nach Jerusalem gebracht und später von Salomo im Allerheiligsten des Tempels aufgestellt. Wahrscheinlich ging sie mit der Plünderung Jerusalems durch die Babylonier verloren.

Bundesverdienstkreuz

ist eine Auszeichnung der Bundesrepublik Deutschland für zum Beispiel besondere ehrenamtliche, politische oder kulturelle Leistungen.

Buren

(von niederl. boeren: Bauern) ist die Bezeichnung für ursprünglich überwiegend aus den Niederlanden stammende europäische Siedler, die sich seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts vor allem in Südafrika niedergelassen haben. Sie selbst nannten sich meist »Afrikaaner«. Mit den Buren verbindet sich eine komplexe Geschichte bis heute, in der diese einerseits an der gewaltsamen Verdrängung von Einheimischen von ihrem Land und an einem Apartheitssystem beteiligt waren, andererseits aber auch selbst zu Opfern von Gewalt der britischen Armee im zweiten Burenkrieg wurden.

Bürgerrecht, römisches

Wenn man das römische Bürgerrecht innehatte, durfte man wählen und sich selbst wählen lassen. Es schützte ferner vor einer harten Rechtsprechung. Insofern kam es auch dem Apostel Paulus zugute.

Bürgerrechtsbewegung

nennt man eine soziale Bewegung, die für Menschenrechte und gegen Unterdrückung eintritt. Die Bezeichnung wird v.a. im Zusammenhang mit der Bürgerrechtsbewegung in den USA (engl. Civil Rights Movement) verwendet, die sich gegen Rassentrennung und für die Gleichberechtigung der afroamerikanischen Bürgerinnen und Bürger einsetzte und dabei maßgebliche Reformen erreichte. Ihren Höhepunkt hatte sie zwischen dem Ende der 1950er und dem Ende der 1960er-Jahre. Berühmtester Vertreter war Martin Luther King.

Bush, George W.

war 2001–2009 Präsident der USA. In seine Amtszeit fielen die Terror­anschläge des 11. September 2001 und – als Reak­tion darauf – Kriege in Afghanistan und im Irak.

Camus, Albert

(*7. November 1913 in Mondovi, Algerien, †4. Januar 1960 bei einem Unfall) ist ein französischer Schriftsteller und Philosoph, der dem Existenzialismus nahesteht. Camus’ Hauptwerke sind die Essays »Der Mythos des Sisyphos« (1944) und »Der Mensch in der Revolte« (1951). Bekannte Erzählungen und Romane sind zum Beispiel: »Der Fremde« (1942) und »Die Pest« (1947). Im Zentrum von Camus’ Denken steht die Auseinandersetzung des Menschen, der nach Sinn sucht, mit seiner Außenwelt, der sich kein Sinn abgewinnen lässt.
Camus versucht eine Einstellung zu entwickeln, die diese Sinnlosigkeit nicht verdrängt und trotzdem nicht zynisch und unmenschlich wird.

Cancel-Culture

Dieser Begriff wird z. B. verwendet, wenn Auftritte von Kunstschaffenden, öffentliche Vorträge oder Lesungen abgesagt oder Veröffentlichungen zurückgezogen werden, nachdem dies nach Vorwürfen von (vermeintlich) beleidigenden oder diskriminierenden Äußerungen von betroffenen Gruppen gefordert wurde. Auf der einen Seite sehen z. B. einzelne Initiativen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern durch »cancel-culture« die Debattenkultur und die Freiheit von Kunst und Wissenschaft dadurch in Gefahr, dass öffentliche Empörung das rationale Argument ersetzt. Auf der anderen Seite wird z. T. auch kritisiert, dass dieser Begriff zu vage sei und als ideologisches Kampfmittel missbraucht werde.

Caritas

(lat.: Liebe, Nächstenliebe): eine in vielen Ländern tätige soziale Hilfsorganisation der katholischen Kirche, die - ähnlich wie auf evangelische Seite die Diakonie - Hilfe für in Not geratene Menschen gewährt.

Chagall, Marc

Chagall, Marc (1887–1985) war ein Maler russisch-jüdischer Herkunft. Geboren als Moische Chazkelewitsch Schagal bei Witebsk (heute Weißrussland) erlebte er schon als Kind antisemitische Diskriminierung im zaristischen Russland. Als Erwachsener emigrierte er nach Aufenthalten u. a. in Paris (1910) und Berlin (1922) 1941 in die USA, um sich und seine Familie vor der NS-Verfolgung zu retten. 1948 kehrte er nach Frankreich zurück. Als Maler verarbeitete er neben Kindheitserinnerungen (Schtetl) und Alltagseindrücken oft auch biblische Themen des Alten und Neuen Testaments.

Chanukka

das jüdische Lichterfest, dauert acht Tage und feiert den Triumph des Lichtes über die Dunkelheit: An jedem der Tage wird abends jeweils ein Licht mehr an dem Leuchter angezündet. Das neunte Licht ist der »Diener«, an dem die anderen Kerzen angesteckt werden. Das Fest erinnert an die Wiedereinweihung des Jerusalemer Tempels im Jahr 165 v. Chr. Nach jüdischer Legende war in dem Tempel nur noch ein kleiner Krug mit Öl, das nicht verunreinigt worden war, zu finden. Dennoch reichte dieses wenige Öl auf wundersame Weise so lange, bis neues Öl zubereitet werden konnte, nämlich acht Tage lang.

Chanukka

Chanukka (hebr. Weihung), auch »Lichterfest«, ist ein achttägiges jüdisches Fest (vgl. den achtarmigen Fest-Leuchter, die Chanukkia) im Winter, an dem der Wiedereinweihung des durch die Babylonier zerstörten Tempels in Jerusalem im 2. Jh. v. Chr. gedacht wird.

charismatisch

nennt man Glaubensbewegungen, die besonders das Wirken des Heiligen Geistes und seine Gaben (griech. charisma: geschenkte Gabe) betonen. Paulus spricht von Charismen, wenn er besondere Gaben des Heiligen Geistes meint, wie Zungenreden, Heilen usw. oder die wichtigsten Gaben Gottes: Vertrauen, Liebe und Hoffnung.

Charta der Digitalen Grundrechte / Digitalcharta

Charta der Digitalen Grundrechte der EU (bzw. Digitalcharta): In dieser Charta werden Grundrechte für die digitale Welt formuliert, die von unterschiedlichen Gruppen und Einzelpersonen (u. a. Politiker, Wissenschaftler, Künstler, Kirchenvertreter) gefordert werden. Nach der gemeinsamen Erstellung des Textes durch ausgewählte Bürgerinnen und Bürger (Fassung von 2016) wurde dieser analog wie digital immer wieder diskutiert und kommentiert; diese Kommentare wurden dann in eine zweite Fassung (von 2017) integriert. Da auch diese Fassung von verschiedenen Seiten grundsätzlich kritisiert wurde, entschlossen sich die Initiatoren, die Charta grundlegend zu überarbeiten (Fassung 2018).

Chassidismus

(von hebr. Chassidim: Fromme) bezeichnet meist eine jüdische Bewegung in Osteuropa seit dem 18. Jh. Ihr Begründer Israel ben Elieser (ca. 1700–1760), genannt Baal Schem Tow (»Meister des guten Namens«) geht davon aus, dass Gott die gesamte Welt durchdringt, selbst die Materie und das Böse (als niedriger Stufe des Guten). Durch die Konzentration auf das Wesen der Dinge und durch ekstatische Begeisterung könne der Mensch zur Einheit mit Gott gelangen. Somit kann im Prinzip jede Handlung zum Gottesdienst werden und große Not kann sogar positiv umgedeutet werden. Diese Haltung spiegelt sich in vielen jiddischen Liedern und Tänzen. Außerdem wird der Wert des Studiums der Tora und der mündlichen Überlieferung betont. Vertreter der jüdischen Aufklärung sahen die Chassidim als rückständig an. Chassidische Gemeinden (nach 1945 v.a. in Israel und den USA) werden heute als Teil des orthodoxen Judentums verstanden.

Chicago-Erklärung

Zwischen 1978 und 1986 formulierte der Internationale Rat für biblische Irrtumslosigkeit (International Council on Biblical Inerrancy), eine Gruppe evangelikaler Theologen v. a. aus den USA, drei Erklärungen zur Auslegung der Bibel. Darin wird ein fundamentalistisches Schriftverständnis vertreten: Die ganze Bibel sei wortwörtlich von Gott gegeben und stelle darum die verbindliche Autorität für alle Lebensbereiche dar.