Lexikon

Graffito

(Pl. Graffiti), ital. graffiare: kratzen, das Gekratzte, bezeichnet ursprünglich eine Kratzputztechnik, bei welcher verschiedenartige Putzschichten aufgetragen und dann durch Wegkratzen der oberen Schicht reliefartige Motive gestaltet werden. Heute versteht man unter Graffiti viele unterschiedliche Erscheinungsformen, deren Gemeinsamkeit darin besteht, dass es sich um sichtbare Bilder oder Zeichen handelt, die unaufgefordert und anonym, von Einzelpersonen oder Gruppen auf öffentlichen Oberflächen angebracht werden.

Grundeinkommen, bedingungsloses

(BGE) meint Vorstellungen zu einer regelmäßigen finanziellen Zuwendung, die allen Einzelpersonen einer Gesellschaft unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Lage und Bedürftigkeit zusteht. Das BGE soll deren Grundversorgung sichern, ihnen ein gewisses Maß an wirtschaftlicher Freiheit geben und (auch versteckte) Armut verhindern. Im Gegensatz zu Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld gilt das BGE bedingungslos und muss nicht zurückgezahlt werden. Die Idee wird seit Jahrzehnten kontrovers diskutiert. Befürworter sehen es z. B. als Mittel zur Bekämpfung von Armut und zur Förderung von Chancengleichheit – Gegner als Einladung zur Arbeitsverweigerung, als Form der Ungerechtigkeit oder als unfinanzierbare Utopie.

Grundgesetz

Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland beinhaltet die rechtliche und politische Grundordnung des deutschen Staates: Niemand darf in Deutschland etwas tun oder sagen, was ihm widerspricht. Auch jeder Politiker und Richter muss sich am Grundgesetz orientieren. Der erste Teil des Grundgesetzes enthält die Grundrechte (Art. 1–19). Der 1. Artikel beginnt mit dem wichtigsten Satz des Grundgesetzes: »Die Würde des Menschen ist unantastbar.«

Grundrechte

bezeichnen die »rechtlich-institutionell verbürgten Menschenrechte« (M. Kriele). Als Freiheitsrechte garantieren sie den Schutz der Menschen vor unberechtigten staatlichen Ein- oder Übergriffen sowie vor solchen der Mitmenschen.

Grünewald, Matthias

(ca. 1480–1528) war ein bedeutender Maler und Grafiker der Renaissance. Von ihm stammt der Isenheimer Altar (bei Colmar im Elsass), der zu den bekanntesten Darstellungen der Passion Jesu gehört.

 

 

Gute Nachricht

(oder Gute Nachricht Bibel) bezeichnet eine moderne ökumenische Bibelübersetzung in heutigem Deutsch, die besonderen Wert darauf legt, dass die biblischen Texte ohne besondere Vorkenntnisse und zusätzliche Erklärungen verständlich sind. Sie wird von evangelischen und katholischen Bibelwerken vertrieben.

Habermas, Jürgen

(* 1929 in Düsseldorf), ist einer der meistgelesenen Philosophen und Soziologen der Gegenwart. Durch sein kritisches Nachdenken über die Theorie der (post)modernen Gesellschaft und die Probleme, denen die Menschen in der Postmoderne gegenüberstehen, gab und gibt er wichtige Impulse für die Gegenwart, wie z. B. durch seine Vision eines »herrschaftsfreien Diskurses«. Sein Denken zielt einer Selbstaussage nach auf eine »Versöhnung der mit sich selber zerfallenden Moderne« ab, so dass mithilfe der Vernunft eine Grundlage für das friedliche Zusammenleben verschiedener Kulturen gefunden und das Projekt der Aufklärung sinnvoll fortgeführt werden kann. Er bezog zu allen großen gesellschaftspolitischen Kontroversen der Bundesrepublik Stellung.

Hadith

(arab. hadīth: Erzählung, Gespräch) bezeichnet die Berichte über Aussprüche, Anordnungen und Handlungen des Propheten Muhammad und anderer Personen des frühen Islam, deren Überlieferung auf seine Gefährten zurückgeführt wird. Die überlieferten Handlungen und Aussprüche gelten vor allem im sunnitischen Islam als wegweisend und sind neben dem Koran die zweite wichtige Quelle für Glaubens- und Rechtsfragen.

Hadjj / Hadsch / Hajj

nennt man die Pilger­reise oder Wallfahrt eines Muslim nach Mekka zu den heiligen Städten der Muslime (Kaaba). Der Hadsch ist eine der Fünf Säulen des Islam und sollte von jedem Muslim nach Möglichkeit einmal im Leben absolviert werden. Durch ihn wird ein Muslim von allen Sünden gereinigt. Er wird als das größte Ereignis im Leben eines Muslim gesehen. Wegen der Besonderheiten des Arabischen gibt es in lateinischer Umschrift die unterschiedlichsten Schreibweisen von Hadsch: z. B. Hatsch, Haddsch, Hitschra, Hetschra, Hadjdj, Hagg etc.

Haggada

(hebr., aram. aggada: Erzählung, Sage, Verkündung) bezeichnet die erzählerischen Texte des Talmuds und ist somit Teil der mündlichen Tora. Während die Halacha alle gesetzlichen Inhalte des Talmuds umfasst, bezieht sich die Haggada auf erbauliche Erzählungen, Weisheitsgeschichten, Sagen, Märchen, Fabeln, Anekdoten, Witze, Rätsel und Sprichwörter, die die Beziehung Gottes zu den Menschen und zum Weltganzen sowie der Menschen untereinander deuten. Ein besonders wichtiger Teil der Haggada ist die Pessach-Haggada, aus der am Sederabend vom Auszug aus Ägypten vorgelesen wird.

Hahne, Peter

Hahne, Peter (*1952) ist Fernsehmoderator, Autor und Theologe.

Halacha

(hebr.: Weg) nennt man die gesetzlichen Bestimmungen des Judentums; ihre Grundlage ist die Offenbarung der Tora am Berg Sinai. Die Halacha regelt das ganze Leben der Jüdinnen und Juden und wird immer wieder neu interpretiert und auf den Alltag bezogen. Es gibt vor Gott keinen unwichtigen Bereich. Der Glaube an Gott soll sich daran zeigen, wie man miteinander umgeht und wie man sein Leben gestaltet.

Hamas

(arab.: Eifer, Begeisterung) Der Name steht in etwa für »Islamische Widerstandsbewegung«. Je nach Sicht wird die Hamas als palästinensische sunnitisch-islamistische paramilitärische Terrororganisation, als eine politische Partei oder gar als eine soziale Hilfsorganisation verstanden. Gemäß ihrer Charta von 1988 geht die Hamas von einer grundsätzlichen Feindschaft der Juden gegenüber dem Islam aus und verlangt die Vernichtung Israels. Entsprechend dieser Überzeugung führt die Hamas den Kampf gegen israelische Militärs und Zivilisten und auch gegen gemäßigte Palästinenser mit hoher Brutalität.

Hamas

Hamas (arab. Eifer, Begeisterung) steht für »Islamische Widerstandsbewegung« (gegen den Staat Israel). Je nach Sicht wird die Hamas als islamistische Terrororganisation oder politische Partei verstanden. Zu den Zielen ihrer radikaleren Mitglieder gehört die Vernichtung Israels, da es allen Muslimen feindlich gegenüber stehe. Deshalb sind sowohl israelische Militärs und Zivilisten als auch gemäßigte Palästinenser Opfer der Anschläge der Hamas.

Hanīf

beschreibt einen Menschen, der sich schon in vorislamischer Zeit von den »heidnischen Götzen« abwendet und auf reine und ursprüngliche Weise allein Gott verehrt. Mit dem Wort Hanīf ist im Koran ein Konzept verbunden, das den Islam mit der Religion
Abrahams identifiziert, der – ebenso wie der Prophet Muhammad – als Hanīf charakterisiert wird. Der Begriff Hanīf wird auch in Abgrenzung zu Juden und Christen gebraucht.

Häresie

(griech. hairesis: Wahl) bezeichnet eine von der herrschenden Lehre abweichende Glaubensposition bzw. »Irrlehre«. In den ersten Jahrhunderten der Kirche waren es oft häretische Positionen, die den Anstoß gaben, die kirchliche Lehre neu zu verhandeln (z. B. auf Konzilien) und in Gestalt von Dogmen zu präzisieren. Im Mittelalter wurden Häresien hart bestraft, oft mit Folter und Tod. Im christlichen Kontext wird dieser Begriff gegenwärtig kaum noch verwendet. Im übertragenen Sinn kann der Begriff auch für Positionen in nichtreligiösen Kontexten stehen, die sich von der Mehrheitsmeinung unterscheiden.

Hatschepsut

war die berühmteste Pharaonin im alten Ägypten. Nach dem Tod ihres Mannes Thutmosis II übernahm sie 1473 v. Chr. für ihren Stiefsohn Thutmosis III die Regierung. Sie ließ sich im Tal der Könige bei Luxor einen Palast und eine Grabstätte bauen. Später hat ihr Stiefsohn und Nachfolger ihren Namen aus den Inschriften löschen lassen.

Hayek, Friedrich August von

(1899–1992) ist ein Ökonom, der auch zu Themen der Rechts- und Sozialphilosophie publiziert hat. Ein besonders bekanntes Werk von ihm ist die »Die Verfassung der Freiheit«, in der er die individuelle Freiheit als Motor und Garanten der wirtschaftlichen und kulturellen Blüte von Gesellschaften bzw. den zivilisatorischen Fortschritt beschreibt und sich gegen einen Wohlfahrtsstaat wendet, da dieser letztlich sozialistische Umverteilungsziele umsetze. Mit diesem Werk lieferte Hayek eine philosophische Grundlage für den Neoliberalismus.

Heiden

Die Bedeutung des Wortes entwickelte sich, als sich das Christentum im Römischen Reich ausbreitete. Es bezeichnet ursprünglich Menschen, die in abgelegenen Gegenden (in der Heide) lebten und im Gegensatz zu den Menschen in der Stadt oft noch den alten römischen Göttern anhingen. Später wurden Menschen unabhängig von ihrem Wohnort Heiden genannt, die weder der jüdischen noch der christlichen Religion angehörten.

heilig

bezeichnet etwas Verehrungswürdiges, das in einen religiösen, göttlichen Bereich verweist. Dadurch besitzt es eine besondere Würde.

Heine, Heinrich

(*1797 in Düsseldorf, †1856 im Pariser Exil) war ein deutscher Dichter, Schriftsteller und Journalist aus der Epoche der Romantik und des Vormärz.

Hellenistisch

Als Hellenismus bezeichnet man die historische Epoche, die mit den Eroberungszügen Alexanders des Großen (334 v. Chr.) begann und mit der Eroberung der Gebiete seiner Nachfolger (der Diadochen) durch die Römer endete (30 v. Chr.). In dieser Zeit breiteten sich griechische Sprache und Kultur bis nach Indien aus; sie beeinflussten noch lange Zeit auch die Kultur im Römischen Reich und somit auch die Entstehung des (griechischsprachigen!) Neuen Testaments.

Heraklit

(ca. 520–460 v. Chr.) war ein vorsokratischer Philosoph aus Ephesus. Er sah hinter allen Dingen, die sich in spannungsvollen Gegensätzen realisieren und sich stets in Veränderung und im Fluss befinden (griech: panta rhei), ein einheitliches vernünftiges Weltprinzip (Logos) wirksam.

Herder, Johann Gottfried

(1744–1803) war Theologe, Philosoph, Übersetzer und Schriftsteller. Er lebte lange in Weimar und gehörte zu den vier großen Dichtern der Weimarer Klassik neben Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller und Christoph Martin Wieland. Seine philosophischen, theologischen und sprachwissenschaftlichen Abhandlungen waren über die Grenzen hinaus für viele europäische Dichter wegweisend. Zu seinen populärsten Werken gehört »Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit«, in dem er seine Vorstellung des zur Humanität gebildeten Menschen darstellt.

Hermeneutik

(griech. hermeneuein: auslegen, abgeleitet vom Gott Hermes): Die Kunst und Methodik der Auslegung und des Verstehens, zunächst auf die Bibel bezogen, später allgemein auf Texte. Bedeutende Impulse für die Theorie der Hermeneutik gaben in den letzten beiden Jahrhunderten F. Schleiermacher, G. W. Dilthey (der den hermeneutischen Zugang als typischen Zugang der Geisteswissenschaften im Unterschied zu den  Naturwissenschaften beschrieb), H. G. Gadamer und J. Habermas (für den Verstehen immer auch einen kritischen Zugang beinhaltet). Der hermeneutische Zirkel beschreibt die Wechselwirkung zwischen (immer schon vorhandenem) Vorverständnis der/des Lesenden und der Auslegung eines Textes, der dieses Vorverständnis korrigiert.

Hermes

Griechischer Gott, Bote des Zeus und Geleiter ins Totenreich; er gilt u. a. als Gott der Kaufleute und Reisenden, der Hirten, Wissenschaftler, Magier, Diebe, der Redekunst, des Dolmetschens und der Träume.  

Herodes »der Große«

ca. 73 v. Chr. geboren, von 40–4 v.Chr. von den Römern eingesetzter jüdischer König von Judäa, Vater des Herodes Antipas. Er ist der König, der in der Geschichte von den »drei Weisen aus dem Morgenland« (den sogenannten »Heiligen Drei Königen«) erwähnt wird (Mt 2).