Lexikon

Nathan der Weise

Hintergrund für dieses 1779 erschienene Drama um die gleichnamige Hauptfigur von Gotthold Ephraim Lessing ist der sog. Fragmentenstreit. Der Schriftsteller kündigte 1778 der Tochter von Reimarus dieses Stück wie folgt an: »Ich muss versuchen, ob man mich auf meiner alten Kanzel, auf dem Theater, wenigstens noch ungestört will predigen lassen.« Der Stoff des Dramas geht zurück auf eine Novelle in Boccaccios »Decamerone«, die um den Juden Melisedech kreist und bereits die Wanderparabel von den drei Ringen enthält. Schon der Untertitel »Dramatisches Gedicht in fünf Aufzügen« gibt einen Hinweis darauf, dass in diesem Werk eher das Lehrhafte als das Dramatische im Vordergrund steht; Lessing selbst hielt das Stück für kaum aufführbar. Das Drama spielt in Jerusalem zur Zeit der Kreuzzüge am Ende des 12. Jahrhunderts, wo Judentum, Christentum und Islam aufeinandertreffen; gedankliches Zentrum ist der Toleranzgedanke der Aufklärung. Dies wird besonders deutlich in der Schlüsselszene im siebten Auftritt des dritten Aktes, in der Nathan der Weise auf die  Ringparabel Bezug nimmt.

Nationalsozialismus

Nationalsozialismus bezeichnet die Weltanschauung Adolf Hitlers und seiner Partei, der NSDAP (Nationalsozialistische Arbeiterpartei Deutschlands), die in Deutschland um 1920 entstand und 1933 an die Regierungsmacht kam. Die Vertreter des Nationalsozialismus dachte totalitär (sie beanspruchten alle Macht für sich), rassistisch (Herabsetzung anderer Menschen wegen ihrer Hautfarbe, Herkunft oder Religion) und antisemitisch (feindlich gegenüber Juden). Sie führten Deutschland in die Katastrophe des Zweiten Weltkriegs und verschuldeten in ihrem Rassenwahn die Tötung von mehr als 55 Millionen Männern, Frauen und Kindern (Schoa).

Naturwissenschaft(en)

wie die Physik, Chemie, Biologie oder Geologie versuchen, die unbelebte und belebte Natur wissenschaftlich zu beschreiben und zu erklären. Sie haben einen erfahrungsbezogenen (= empirischen) Zugang zur Wirklichkeit, indem sie gezielt Experimente und Beobachtungen durchführen, um theoretische Annahmen zu überprüfen oder neue zu entwickeln. Solche Beobachtungen und Experimente müssen dokumentiert sein und sich wiederholen lassen, damit ein höchstes Maß an Zustimmung durch andere Wissenschaftler erzielt wird (wird oft missverständlich als Objektivität bezeichnet). Zur ihrer Exaktheit gehört es, die gefundenen Strukturen in mathematische Formeln zu bringen. Während die Mathematik Beweise kennt, können im Gegensatz zur landläufigen Meinung Naturwissenschaften ihre Theorien nicht beweisen. Ihre Methodik führt gleichwohl zu Erkenntnissen, die überaus vertrauenswürdig sind (wie z. B. die Naturgesetze), weil sie sich über lange Zeit in verschiedenen Gebieten immer wieder bewährt haben. Mit dem Aufkommen der Quantenphysik im 20. Jh. ist aber das Natur- und Wirklichkeitsverständnis des 18. und 19. Jahrhunderts grundlegend überholt worden: Die Quantenphysik ist so genau, dass sie zeigen kann, dass naturwissenschaftliche Ergebnisse immer nur Annäherungen sein können und Exaktheit nur dadurch erzielt wird, dass man Unterschiede und Beziehungsstrukturen ignoriert, was im Bereich der klassischen Physik oftmals ohne Probleme möglich ist. – Unter den Naturwissenschaften hat die Physik den größten Geltungsbereich, da sie sich mit den ganz grundlegenden Strukturen in der Natur beschäftigt.

Nazareth

in Galiläa ist als Heimatort Jesu und seiner Familie überliefert. Dafür, dass Jesus tatsächlich aus diesem Dorf kam, spricht u. a., dass »Nazareth« fast so etwas wie ein »Nachname« Jesu ist: »Jesus von Nazareth«. Vielleicht hat seine Familie in einer der in den Fels gehauenen Wohnungen gewohnt, die Archäologen entdeckt haben.

Neander, Joachim

(1650–1680 jeweils in Bremen) war ein evangelischer Pfarrer und Kirchenlieddichter. Sein bekanntestes Lied »Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren« wird noch heute oft gesungen. Er gab dem Neandertal seinen Namen.

Nebukadnezar II

 

(ca. 605–562 v. Chr.) ist der mächtigste König der Babylonier. Er besiegte die Assyrer und Ägypter, zerstörte 586 v. Chr. Jerusalem mit dem ersten Tempel und führte die Oberschicht Jerusalems ins babylonische Exil. Unter ihm entwickelte sich Babylon zur prächtigsten Stadt seiner Zeit. Nebukadnezar errichtete eine große Prozessionsstraße mit dem berühmten Ischtar-Tor und vollendete den großen quadratischen Tempelturm zu Babel.

Nestroy, Johann

Nestroy, Johann Nepomuk Eduard Ambrosius (1801–1862) war ein österreichischer Dramatiker, Schauspieler und Sänger, der das Wiener Volkstheater maßgeblich geprägt hat.

Nettonull

Nettonull beschreibt das Ziel, CO₂-Emissionen auf faktisch Null zu reduzieren, um die globalen Tempe­raturen zu stabilisieren. Da dies nicht allein durch Energieeinsparungen möglich ist, müssen vorhandene Emissionen durch zusätzliche Maßnahmen, wie z. B. das Pflanzen von Bäumen oder durch zukünftige Technologien ausgeglichen werden.

Neuapostolen

Die Neuapostolische Kirche ist eine christliche Gemeinschaft, die sich 1863 von der katholischen Kirche abgespalten hat. Sie ist geprägt von der Erwartung, dass Jesus Christus bald wiederkommt; der Sonntagsgottesdienst ist von ganz besonderer Bedeutung. Der Name bezieht sich darauf, dass diese Gemeinschaft von sog. »Aposteln« geleitet wird. Als Sakramente kennt die Neuapostolische Kirche neben Taufe und Abendmahl auch die sog. »Versiegelung«, bei der ein »Apostel« durch Handauflegung den Heiligen Geist an die einzelnen Gemeindeglieder vermittelt.

Nidation

Einnistung (vgl. lat. nidus: Nest) einer befruchteten Eizelle in die Gebärmutterschleimhaut. Bei Menschen findet die Einnistung ab dem 5. bzw. 6. Tag nach der Befruchtung der Eizelle statt. 

Nidationshemmer

Methoden zur Vermeidung von Schwangerschaften, die nicht die Entstehung befruchteter Eizellen verhindern, sondern deren Einnistung in die Gebärmutterschleimhaut. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine befruchtete Eizelle einnistet, liegt ansonsten bei ca. 30 %. Am bekanntesten sind die »Spirale« und die sog. »Pille danach«, die hormonell wirkt. Diese Methoden sind sehr umstritten, was sich beispielsweise im Streit um die Frage zeigt, ob diese als »Verhütungsmethoden« bezeichnet werden können oder eher »Frühabtreibungsmittel« darstellen.

Nietzsche, Friedrich

(*1844, †1900) war ein deutscher Philosoph und Schriftsteller. Als scharfer Kritiker von Religion, Moral und Philosophie der europäisch-abendländischen Tradition setzte er sich insbesondere mit dem Christentum und seiner »Sklavenmoral« des Mitleids auseinander, gipfelnd in der Aussage: »Gott ist tot«. An seine Stelle sollen der »Übermensch«, die »Umwertung aller Werte«, der »Wille zur Macht« und die »ewige Wiederkehr des Gleichen« treten.

Nihilismus

Nihilismus (von lat. nihil: nichts) als philosophisches Konzept lehnt jede Möglichkeit objektiver Wahrheit und damit einer bestimmten Ordnung der Welt, Werteordnung oder Sinnhaftigkeit des Seins ab.

Nomaden

nennt man Hirtenvölker, die nicht sesshaft leben, sondern mit ihren Herden von einem Weideplatz zum anderen ziehen. Die Erzeltern Israels, von denen das Buch Genesis erzählt, Abraham, Sara, Isaak, Jakob, Esau, Josef und seine Brüder waren Nomaden.

Nordreich Israel

Nach dem Tod König Salomos, der Israel zu einem großen Königreich ausgebaut hatte, machten sich ca. 926 v. Chr. die zehn Stämme des Nordens selbständig und es kam zur Reichsteilung. Von nun an existierten das Südreich Juda mit Jerusalem als Hauptstadt und das Nordreich Israel mit Samaria als Hauptstadt nebeneinander. Das Nordreich wurde 722/21 v. Chr. von den Assyrern erobert; das Südreich 587 v. Chr. von den Babyloniern.

Normalnull

wird oft für die Höhe des Meeresspiegels gehalten. Tatsächlich meint es einen festgelegten Punkt, in Bezug auf den die amtliche Höhenmessung erfolgt ist, um von dort aus die Höhe über dem Meeresspiegel zu ermitteln. Seit 1993 wird dieser Normalhöhennull (NHN) genannt.

Nürnberger Religionsfriede

Der Nürn­ber­ger Religionsfriede von 1532 hob das Wormser Edikt, das alle Protestanten für vogelfrei erklärt hatte, auf und war somit ein erster (befristeter) Friedensschluss zwischen Kaiser Karl V. und den Protestanten. Die Entscheidung Karls für den Nürnberger Religionsfrieden erklärt sich aus der außenpolitischen Situation des Reiches: Er konnte nicht militärisch gegen die Protestanten vorgehen, weil die Türken Ungarn überfallen hatten und er zur Abwendung der Türkengefahr im Reich freie Hand brauchte.

Nussbaum, Martha

(*1947) ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago.

Offenbarung

(griech. apokalypse) bezeichnet in einem allgemeinen Sinn die Enthüllung, Aufdeckung von etwas Verborgenem (vgl. apokalyptische Schriften, z. B. die Offenbarung des Johannes, in der auserwählten Menschen Visionen zuteil werden). In der christlichen, wie auch der jüdischen und islamischen Tradition (»Offenbarungsreligionen«) wird davon ausgegangen, dass Gott sich den Menschen selbst offenbart hat. Der unsichtbare, unverfügbare, bildlose Gott geht auf die Menschen zu, spricht zu ihnen, geht eine Beziehung mit ihnen ein.

Ökumene

(griech.) meinte ursprünglich die ganze »bewohnte Erde«, später das römische Weltreich. Heute bezeichnet der Begriff die ganze weltweite Christenheit, manchmal auch die im Ökumenischen Rat (ÖRK) zusammengeschlossenen ca. 350 Kirchen. Im alltäglichen Sprachgebrauch z. B. in Deutschland bezeichnet »ökumenisch« meist die Zusammenarbeit oder die Gemeinschaft von katholischen und evangelischen Christen bzw. Kirchen.

ökumenisch

(von griech. oikumene: den »ganzen Erdkreis«, die ganze Christenheit betreffend) bezeichnet die ganze weltweite Christenheit mit ihren vielfältigen Konfessionen. In der Alltagssprache verwendet man den Begriff oft für das Miteinander evangelischer und katholischer Christen, z. B. bei einem »ökumenischen Schulgottesdienst«.

Ökumenische Bewegung

Das Wort »Ökumene« stammt ab von griech. oikumene: ganze bewohnte Erde. Heute versteht man darunter den Versuch der christlichen Kirchen untereinander, zu einer sichtbaren Einheit oder zumindest zu einer Zusammenarbeit zu gelangen. Dies bezieht sich nicht nur auf die katholische und die evangelische Kirche, sondern auf alle christlichen Kirchen weltweit. Bereits im 19. Jh. entstanden Organisationen, die eine Einheit der christlichen Kirchen anstrebten. Als eigentlicher Beginn der ökumenischen Bewegung gilt die Weltmissionskonferenz in Edinburgh im Jahre 1910. Heute wird die Ökumene vor allem durch den 1948 gegründeten Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) repräsentiert, in dem derzeit 349 Kirchen aus über 120 Ländern vertreten sind. Die katholische Kirche ist als einzige große christliche Kirche nicht Mitglied des ÖRK, unterhält aber enge Beziehungen zu ihm.

Opferfest

(arab. Eid al-Adha) ist das höchste Fest im Islam und dauert insgesamt vier Tage. Das Opferfest bildet den Abschluss der Hadjj und ist ein großes Familienfest. Es erinnert Muslime an die Prüfung Abrahams und Ismaels und daran, dass man Gott grenzenlos vertrauen darf. Außerdem ruft das Opferfest zur Hilfsbereitschaft auf.

Opfertod Jesu

Opfertod Jesu: Der Begriff Opfer wird in unterschiedlichen Bedeutungen verwendet: 1. bezeichnet man damit eine Person, die zu Schaden kommt (z. B. Verkehrsopfer), 2. opfert man in vielen Religionen der Gottheit Gaben, wie z. B. Teile der Ernte oder Opfertiere. Losgelöst vom kultischen Kontext spricht man auch davon, dass Menschen für andere oder für ein bestimmtes Ziel »Opfer« bringen (z. B. Geld oder Zeit – im extremen Fall sogar das eigene Leben). Schon bei Paulus wird Jesu Tod als »Opfer« bezeichnet, wobei beide Bedeutungen mitschwingen: Einerseits ist er Opfer der Herrschenden, die ihn verurteilen und töten. Andererseits wird sein Tod schon bei Paulus mit dem Opfer im Tempel verglichen, das der Priester Gott zur Versöhnung darbringt, und Jesus wird als Opferlamm bezeichnet. Wenn nach christlichem Glauben Gott selbst in Jesus Christus Mensch geworden ist, bedeutet das Bild des »Opfers«, dass er selbst sich zum Opfer bringt, um sich mit den Menschen zu versöhnen – was zugleich das Ende aller anderen Opfer in Bezug auf Gott bedeutet.

Orient

(von lat. oriens: aufgehend), auch Morgenland genannt, bezeichnet die Länder, die in Richtung der aufgehenden Sonne (also im Osten) liegen. Das Gegenstück zum Orient ist der Okzident (Abendland), die europäische Welt.

Orthodox

(griech.: rechtgläubig) kann ganz allgemein strenggläubig meinen. Im Judentum bezeichnet man als orthodox diejenige Gruppe von Juden und Jüdinnen, die die schriftliche und mündliche Tora als verbindlich für ihre Lebensführung ansehen und sie konsequent im Alltag umsetzen. Der Begriff steht aber auch für eine der drei großen christlichen Hauptkonfessionen – »die« orthodoxe Kirche, die wiederum in viele Teilkirchen untergliedert ist, wie z. B. in die griechisch-orthodoxe oder die russisch-orthodoxe Kirche.