Lexikon

Wichern, Johann Hinrich

(* 1808; † 1881 jeweils in Hamburg) war Pfarrer, Lehrer, Ge­fäng­nisreformer und Begründer der Inneren Mission. Er gilt als bedeutendste sozialpolitische Per­sönlichkeit in der Geschichte der evangelischen Kirche. Im Zentrum seines Denkens standen die Taten der »rettenden Liebe«, die aus dem Glauben erwachsen und den Menschen aus seinem sozialen wie auch religiösen Elend herausführen. Sein im Jahr 1833 gegründetes »Rauhes Haus« in Hamburg nahm verarmte und verwahrloste Kin­der auf, damit diese zusammen mit Erziehern in familienähnlichen Gruppen leben und theoretische wie praktische Bildung erfahren konnten. Seine Jugendarbeit verstand er als vom christ­lichen Glauben ausgehende Gesellschaftsreform; er fand in Deutschland viele Nachahmer. Wichern begründete zudem die »Innere Mission« mit dem Ziel, Elend vor allem der Unterschicht zu lindern und dadurch Christus gegenwärtig werden zu lassen. Sein Programm fasste bereits bestehende Aktivitäten einzelner Christen in einer breiten Bewegung zusammen. Der von ihm 1848/49 ins Leben gerufene »Central-Ausschuss für Innere Mission« bildete dafür den organisatorischen Rahmen und ist der Vorläufer der heutigen Diakonie.

Wiedergeburt

Wiedergeburt: Alle in Indien entstandenen Religionen setzen die Wiedergeburt als naturgegeben voraus und empfinden diese als Zwang. Erlösung wird folglich als Befreiung von diesem Zwang verstanden. Der Gedanke der Wiedergeburt hat zwar auch in der westlichen Philosophiegeschichte prominente Vertreter, wie z. B. Pythagoras oder Platon, wird von diesen aber als neue Chance gedeutet. Anders als der Hinduismus leugnet der Buddhismus die Existenz einer unabhängigen und ewigen Seele (Anatman) und versteht daher die Lehre von der Wiedergeburt als eine Kette von Kausalzusammenhängen, deren einzelne Protagonisten nur durch die Wirkung von »Tatabsichten« verbunden sind, welche die Wiedergeburt ohne Seelenwanderung – besser »das bedingte Entstehen« – verursachen. Alle Wesen sind Produkte von karmischen Bedingungen und haben mit ihren »Vorexistenzen« einen karmisch-kausalen Zusammenhang gemeinsam, der gewissermaßen vererbt wurde. In diesem Zusammenhang wirft die Tradition des tibetischen Buddhismus, eine Folge von geistlichen Würdenträgern (z. B. die des Dalai Lama) zu einer Kette von Inkarnationen zu verknüpfen, gewisse Probleme auf, da der Buddha die Existenz einer verbindenden Seele ja verneint hat. Auch für den Dalai Lama muss aus buddhistischer Sicht gelten, dass er mit seinem Vorgänger nicht seelenidentisch ist, sondern mit diesem durch das »bedingte Entstehen« verbunden und insofern von diesem auch nicht völlig verschieden ist.

Wiesel, Elie

Wiesel, Elie (1928–2016) war ein US-amerikanischer jüdischer Schriftsteller, der Auschwitz überlebte und seine schriftstellerische Tätigkeit in den Dienst der Erinnerungsarbeit stellte. Er war Träger des Friedensnobelpreises..

Wiki

Wiki nennt man eine Internetseite, die von den Nutzerinnen und Nutzern auch bearbeitet werden kann.

Winfrey, Oprah

(* 1954), US-amerikanische Schauspielerin und Talk-Masterin; ihre »Oprah-Winfrey-Show« ist die erfolgreichste Show des amerikanischen Fernsehens.

Wolff, Christian

(1679–1754) war ein einflussreicher Universalgelehrter aus der Zeit der Aufklärung. Er lehrte u. a. Mathematik, Recht und Naturphilosophie in Halle und Marburg. Er verfasste Schriften zur Logik und Mathematik, zur Metaphysik und Ethik, zum Naturrecht und zu vielen anderen Themen.

Wormser Edikt

Das Wormser Edikt bezeichnet den Erlass Kaiser Karls V., in dem kurz nach Martin Luthers Verhör vor dem Reichstag in Worms 1521 über Martin Luther die Reichsacht verhängt und das Lesen und die Verbreitung seiner Schriften (vgl. auch reformatorische Hauptschriften) verboten wurde. Jeder war verpflichtet, ihn an Rom auszuliefern, und es war verboten, ihn bei sich aufzunehmen.

Wunder

Wunder: Von Wundern wird heute gesprochen, wenn etwas völlig Unerwartetes, den Gesetzen der Logik oder der Natur Widersprechendes geschieht oder wenn man selbst etwas als besonders wunderbar empfindet (z. B. die Geburt eines Kindes). Von Jesus – wie auch von anderen Menschen in der Antike – sind viele Wundertaten überliefert: Krankenheilungen, die auch immer Heilung von sozialer Ausgrenzung bedeuten, Auferweckung von Gestorbenen, Rettungen aus See- und Hungersnot. Jesus tritt dabei nicht als »Zauberer« auf, der mit sensationellen Kunststücken beeindrucken möchte. Im Gegenteil verbietet er oft, seine Taten weiterzuerzählen. Seine Wundertaten werden in der Bibel »Zeichen« genannt, durch die die Liebe Gottes zu den Menschen und die Nähe des Reiches Gottes spürbar werden können: Wo Gott herrscht, da wird nicht nur die Seele, sondern auch der Körper gesund, da gibt es keine Angst und keinen Hunger mehr. Insofern sind auch solche Geschichten Wundergeschichten, in denen Menschen neu anfangen, in denen biblisch gesprochen »Sündenvergebung« oder »Umkehr« geschieht.

Wüste

Das heutige Israel besteht zu 50 % aus Wüste und ist an seinen Grenzen vielfach von Wüste umgeben. Auf ihrem Weg ins gelobte Land mussten die Israeliten nach biblischer Überlieferung durch die Wüste Sinai und die Negev-Wüste ziehen. Man darf sich diese Wüsten nicht als Sandwüsten wie die Sahara vorstellen. Es ist eine Kalksteinwildnis mit Steinen und dornigem Gestrüpp, in der mannigfaltiges Leben gedeihen kann und in der (noch heute) Beduinen leben mit ihren Schafen, Ziegen und Kamelen. Die Wüste wird in der Bibel einerseits als ein Ort geschildert, an dem man Entbehrungen erleidet und sich nicht mehr zurechtfindet, andererseits als Ort des Rückzugs, an dem man sich auf Gott besinnen kann, an dem man Gott begegnet.

Zacharias, Thomas

(*1930) war Professor an der Kunstakademie in München. Schwerpunkte seiner künstlerischen Arbeit sind Druckgrafik, Künstlerbücher, Zeichnungen und Collagen. Bekannt sind seine Farbholzschnitte und Radierungen zur Bibel, in denen er die biblischen Texte nicht einfach illustriert, sondern mit ihnen in einen kreativen Dialog tritt.

Zählweisen der Zehn Gebote

Je nachdem, ob man das Bilderverbot als eigenständiges Gebot auffasst (wie in der reformierten, griechisch-orthodoxen und anglikanischen Tradition) oder nicht (wie in der lutherischen und katholischen Tradition, wo es fehlt), ergibt sich eine um eins verschobene Zählweise. Um die Zehn-Zahl zu bewahren, werden die beiden Begehrensverbote als zehntes Gebot zusammengefasst bzw. als neuntes und zehntes Gebot auseinandergenommen. Im Judentum zählt bereits die Präambel (2 Mose 20,2) als erstes Gebot, während das Verbot des Fremdkultes und das Bilderverbot das zweite Gebot umfassen.

Zakat

bezeichnet im Islam eine offizielle Almosen-/Armensteuer, die verpflichtend ist. Der zu entrichtende Betrag ist abhängig vom Besitz der Muslime und ist lediglich von Erwachsenen zu zahlen. Freiwillige Gaben (arab. sadaqa) sind davon zu unterscheiden. Die Zakat ist eine der Fünf Säulen des Islam.

Zarathustra

(griech. Zoroaster): persischer Prophet, Begründer des Zoroastrismus (ca. 1200 v. Chr.). Diese Religion, die mit der Perserherrschaft auch die antiken Völker beeinflusste, ist geprägt durch einen Dualismus von Gut und Böse; der Mensch hat sich zwischen diesen beiden Mächten zu entscheiden. Auch der Mithras-Kult und Manichäismus gehen auf den Zorastrismus zurück, der heute im Iran ca. 90 000 Anhänger hat (Parsen).

Zebaoth

Jahwe Zebaoth (hebr.) ist einer der vielen Namen Gottes im Alten Testament und bedeutet: Herr der Heere (der Heerscharen); dieser Name betont die Macht und Überlegenheit Gottes.

Zedekia

war der letzte König des Südreichs (Juda) von 597 bis 586 v. Chr. Er wurde von Nebukadnezar II. 21-jährig zum König eingesetzt. Nachdem er sich aber im 9. Amtsjahr von den Babyloniern losgesagt und gegen sie einen Krieg angezettelt hatte, belagerte Nebukadnezar Jerusalem, bis es 587 v. Chr. kapitulierte und die Tore für die Plünderung und Zerstörung öffnen musste. Seine beiden Söhne wurden vor seinen Augen ermordet, bevor er selbst geblendet und nach Babylon verschleppt wurde. Das Jeremiabuch berichtet von Auseinander­setzungen zwischen dem Propheten und Zedekia.

Zeh, Juli

(* 1974), Schriftstellerin, studierte Jura und Literatur und veröffentlichte zahlreiche Essays, Romane und Erzählungen, z. B. »Adler und Engel«, »Spieltrieb«, »Schilf«, »Nullzeit«.

Zehn Gebote

kann man an den Fingern abzählen. Das ist wahrscheinlich der Grund dafür, dass es ausgerechnet zehn sind! Obwohl es viele andere Gesetze und Regeln in der Bibel gibt, haben diese zehn Sätze die christliche Kultur geprägt. Im Buch Exodus wird erzählt, dass Mose sie auf zwei Steintafeln von Gott selbst empfangen hat. Martin Luther hat später einiges verändert und gekürzt. Er hat sowohl die »Überschrift« der Gebote »Ich bin dein Gott, der dich aus Ägyptenland geführt hat« für seinen Kleinen Katechismus gestrichen als auch das ursprüngliche zweite Gebot, das Bilderverbot. Dieses ist auch in der katholischen Zählung der Zehn Gebote nicht dabei. Stattdessen wurde das letzte Gebot aufgeteilt.

Zeitliche Sündenstrafen

Nach dem Verständnis der katholischen Kirche können Sünden nur durch Beichte und Buße (Umkehren, Buße tun) vergeben werden. Schwerwiegende Sünden haben allerdings nach katholischer Lehre eine doppelte Folge: Einmal zerstören sie die Gemeinschaft mit Gott und ziehen dadurch die ewige Sündenstrafe (in der Hölle) nach sich. Diese Folge der Sünde kann durch das Bußsakrament (das Bekenntnis, Reue, den guten Vorsatz und Wiedergutmachung beinhaltet und die Wiederherstellung der Gemeinschaft mit Gott bewirkt) aufgehoben werden. Zudem gibt es auch weniger schwerwiegende  Sünden, die eine Läuterung notwendig machen, um von dieser zeitlichen Sündenstrafe zu befreit zu werden. Die Läuterung kann entweder im Leben stattfinden, z. B. durch Reue, Bußwerke und Ablass, oder aber nach dem Tod durch das Fegefeuer.

Zeloten

Der Name bedeutet wörtlich Eiferer und bezeichnet eine Gruppierung, die zur Zeit der römischen Herrschaft gewaltsamen Widerstand leistet, weil sie die Tora als einzige Grundlage für das Leben des Volkes ansieht und somit fremde Gesetze bzw. den Versuch, diese den Juden aufzuzwingen, strikt ablehnt. Weil Gott seinem Volk ein eigenes, freies Land versprochen hat, müssen die Römer aus Palästina vertrieben werden. Den Messias stellen sie sich als gewaltigen Kriegsmann vor, mit dessen Hilfe es dem Volk gelingen wird, die Römer endgültig zu besiegen.

Zen

(sprich: stimmhaft [zen], wörtl.: Zustand der Versenkung, von sanskr.: Dhyana, chinesisch Chan) ist eine Linie des Mahayana-Buddhismus, die sich vor allem in China und Japan entwickelt hat. Im Zen, der auch vom Daoismus und Konfuzianismus beeinflusst ist, wird vor allem auf die Übung der Versenkung großer Wert gelegt. Die Praxis im Zen zielt auf die je eigene unmittelbare Einsicht in das Wesen der Dinge, deren Inhalt nicht schriftlich niedergeschrieben werden kann. Daher ist im Zen die Lehrer-Schüler Beziehung von grundlegender Bedeutung. Nur der erfahrene Lehrer kann die Einsicht des Schülers bestätigen. Dazu wird in manchen Linien des Zen mit »Koans« gearbeitet, das sind kurze Texte, die auf den Dharma hinweisen und durch ihre scheinbare Unverständlichkeit dazu anstacheln sollen, die Ebene der Logik in einem »Sprung« zu überwinden und wie einst Buddha zur unmittelbaren Erkenntnis zu gelangen.

Zion

ist der Name eines Hügels, der sich im Südwesten der Altstadt Jerusalems befindet. Der Begriff wird oft symbolisch für Jerusalem als Stadt Gottes oder auch für ganz Israel als das von Gott gegebene gelobte Land gebraucht. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass auf ihm der erste und zweite Tempel errichtet wurden. Zion kann auch das himmlische Jerusalem meinen, also die Stadt, wo das endzeitliche Paradies anbricht. In dichterischer Sprache steht »Tochter Zion« für die Stadt Jerusalem, während die »Töchter Zions« die Einwohnerinnen von Jerusalem bezeichnen. Auf dem Zion befinden sich heute wichtige heilige Orte für die jüdische, christliche und muslimische Religion (Klagemauer, die Grabeskirche, der Felsendom und die Al-Aqsa-Moschee).

Zion

Zion ist der Name eines Hügels im Südwesten der Altstadt Jerusalems, auf dem sich heute wichtige Orte für die jüdische, christliche und muslimische Religion (Klagemauer, Grabeskirche, Felsendom, Al-Aqsa-Moschee) befinden. Da dort bereits der antike jüdische Tempel war, wird der Begriff oft symbolisch für Jerusalem als Stadt Gottes oder für ganz Israel als das von Gott »gelobte« (versprochene) Land gebraucht. Daneben kann »Zion« auch das himmlische Jerusalem bezeichnen, in dem das Paradies am Ende der Zeit anbricht. Vergleichbar meint in der Dichtung »Tochter Zion« die Stadt Jerusalem, »Töchter Zions« deren Einwohnerinnen.

Zivilgesellschaft

bezeichnet i. d. R. den Bereich des Handelns im öffentlichen Raum, der nicht der staatlichen Seite oder der Wirtschaft zuzurechnen ist. Als politischer Begriff kann er zugleich auch Bestrebungen nach mehr Demokratie meinen, wie z. B. in der Umbruchssituation in Mittel- und Osteuropa 1989, oder einen moralischen Minimalkonsens, der die Grundlage einer guten bzw. besseren Gesellschaft verkörpert.

Zöllner

Um die Staatskasse zu füllen, hatten die Römer ein großes Zollwesen aufgebaut, so dass z. B. bei Grenzüberschreitungen Abgaben als Wegbenutzungsgebühren zu leisten waren. Das Recht hierzu wurde auch an Privatpersonen verpachtet, was nicht selten zu maßlos überteuerten Tarifen führte, weil diese möglichst hohe Gewinne erzielen wollten. Zöllner waren deshalb so verachtet, dass es sogar verboten war, aus ihren Einnahmen Spenden für die Armenkasse entgegenzunehmen, aus denen die Armen mit täglich zwei Mahlzeiten versorgt wurden.

Zwei-Reiche-Lehre

gängiger, wenn auch nicht ganz präziser Ausdruck für Luthers Denkmodell der zwei Regimente / Regierweisen Gottes (S. 83). Dieses wurde im 19. und 20. Jahrhundert z. T. so interpretiert, dass sich die Kirche aus staatlichen Angelegenheiten entweder herauszuhalten oder sich umgekehrt zum Erfüllungsgehilfen des Staats zu machen habe, da dieser von Gott legitimiert sei.

Zweiquellentheorie

Diese in historisch-kritischer Forschung entstandene Theorie erklärt die Entstehung der Evangelien. Sie geht davon aus, dass Lukas und Matthäus unabhängig voneinander das (ältere) Markusevangelium sowie eine verloren gegangene Schrift mit Sprüchen Jesu (Spruchquelle Q) als Vorlage verwendet haben, zusätzlich verfügte jeder der beiden noch über weitere Quellen (»Sondergut«). Wegen ihrer großen Ähnlichkeiten nennt man diese drei Evangelien synoptische Evangelien (griech. synopsis: Zusammenschau). Das später entstandene Johannesevangelium ist demgegenüber eigenständig.

Zweiter Weltkrieg

Der Zweite Weltkrieg begann am 1. September 1939 mit dem Überfall des nationalsozialistischen Deutschland auf Polen und endete für Deutschland am 7. Mai 1945 mit seiner bedingungslosen Kapitulation. Fast sechs Jahre Krieg in Europa, Afrika und Asien forderten etwa 55 bis 60 Millionen Menschenleben.

Zweites Vatikanisches Konzil

auch Vaticanum II, ist die Bezeichnung für eine 2850 Würdenträger umfassende Versammlung der römisch-katholischen Weltkirche, die von 1962 bis 1965 stattfand und weitreichende Beschlüsse zur Folge hatte: Diese betreffen die Erneuerung der Liturgie (z. B. Volkssprache statt Latein), die Förderung der Ökumene, die Anerkennung der Religionsfreiheit und die Veränderungen in der Beziehung zwischen Laien und Klerus. Das Konzil gilt als Meilenstein für die Beziehungen zwischen der katholischen Kirche und der modernen Welt.